DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-10-2021 07:01
SXEU31 DWAV 300800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 30.10.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SW z, Übergang zu Tr W
Heute und bis in die Nacht zum Montag hinein andauernd in den Alpen in
Gipfellagen Föhnsturm mit Sturmböen Bft 8/9, exponiert schwere Sturmböen. Auch
in föhnanfälligen Tälern einzelne stürmische Böen. Außerdem auf exponierten
Berggipfeln einiger Mittelgebirge Gefahr von Sturmböen Bft 8/9, auf dem Brocken
darüber. An der Nordsee und im westlichen Bergland wahrscheinlich erst in der
Nacht zum Montag einzelne Sturmböen Bft 8/9.
Außerdem am Sonntagabend im Westen einzelne starke Gewitter und in der Nacht zum
Montag ganz im Südwesten Starkregen möglich. Ab Montagmittag bis in die Nacht
zum Dienstag am östlichen Alpenrand Dauerregen nicht auszuschließen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... liegt Deutschland an der Vorderseite eines breiten atlantischen
Troges. Dieser wird durch ein abgeschlossenes Höhenhoch mit Schwerpunkt über dem
Wolga-Don-Gebiet blockiert. Die Folge ist über Mitteleuropa eine steile
südwestliche zyklonale Strömung. Ein darin eingelagerter Kurzwellentrog greift
heute auf den Südwesten und Westen Deutschlands über. Diesem ist ein
Frontensystem vorgelagert, das schleifend den Westen Deutschlands erfasst und im
westlichen Bergland sowie im Rheinland 10 bis in Staulagen 20 mm Niederschlag
innerhalb von 12 Stunden bringt. Östlich des Rheins, im Nordwesten, aber auch in
den südwestlichen Mittelgebirgen reicht es nur für wenige Millimeter, östlich
der Linie Weser-Bodensee dürfte es weitgehend trocken bleiben. Von Vorpommern
bis zum östlichen Alpenrand hält sich der Einfluss des osteuropäischen Hochs, so
dass sich dort längere sonnige Abschnitte ergeben (sofern sich Nebel und
Hochnebelfelder, die sich vor allem im Südosten noch längere Zeit halten,
auflösen).
Mit der Annäherung und dem Übergreifen des Frontensystems legt der Gradient zu,
so dass sich in den westlichen und südwestlichen Landesteilen Nebel und
Hochnebel relativ rasch auflösen. Auf höheren Berggipfeln, im westlichen
Bergland und später am Tag auch an der Nordsee kommen Wind- und stürmische Böen
auf, exponiert können Sturmböen Bft 9 (Brocken Bft 10) nicht ausgeschlossen
werden. Zudem setzt in Ostsachsen Böhmischer Wind mit Böen bis Bft 7 ein. Mit
der zunehmenden steilen südwestlichen Strömung ist dann an und in den Alpen Föhn
mit Sturmböen auf Berggipfeln (exponiert auch schweren Sturmböen) und Wind-
sowie vereinzelt stürmischen Böen in föhnanfälligen Tälern zu erwarten. Dabei
wird der Föhn bis in die Nacht zum Montag hinein andauern.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen je nach Nebelauflösung 8 bis 14 Grad. In
den Leegebieten der Mittelgebirge sowie am Alpenrand steigt die Temperatur auf
15 bis 18 Grad.

In der Nacht zum Sonntag läuft der o.g. Kurzwellentrog nach Nordosten ab und
"überholt" das schleifende Frontensystem. Dieses verliert an Wetterwirksamkeit,
so dass sich östlich der Linie Weser-Bodensee kaum Niederschläge ergeben.
Nachfolgend flacht der Gradient etwas ab, so dass lediglich auf exponierten
Berggipfeln der Mittelgebirge und der Alpen (bei leichter Föhnabschwächung) noch
mit Sturmböen Bft 8/9 zu rechnen ist.
Im Südosten sind die Luftdruckgegensätze gering, so dass sich dort noch einmal
Nebel bilden kann bzw. es werden sich noch vorhandene Nebel- und Hochnebelfelder
verdichten. Leichter Frost oder zumindest Bodenfrost sollten auch auf diese
Gebiete beschränkt bleiben, ansonsten bleibt es frostfrei.

Sonntag... greift der Haupttrog auf die Britischen Inseln und den Norden der
Iberischen Halbinsel über. Das osteuropäische Hoch zieht sich zwar in Richtung
Kasachstan zurück, hält aber in Form eines Rückens, der sich nach Westrussland
aufwölbt und von welchem ein nach Lappland gerichteter Keil ausgeht, dagegen.
Die Folge ist eine sich leicht verstärkende südwestliche Strömung. Abgesehen vom
Südosten, wo die Luftdruckgegensätze nach wie vor relativ gering sind, sollte
die zunehmende Durchmischung der Grundschichtproblematik alsbald ein Ende
bereiten. Da mit Annäherung eines weiteren Frontensystems im Westen der Gradient
erneut zulegt, sind im westlichen Bergland und am Niederrhein Wind- und
stürmische Böen bis Bft 8 zu erwarten. Derartige Böen kommen später am Tag auch
an der Nordsee auf. Ansonsten sind Sturmböen Bft 8/9 auf exponierte Gipfellagen
(auch Alpengipfel durch andauernden Föhn) beschränkt. Auch in Teilen der Lausitz
sind durch Böhmischen Wind Böen bis Bft 7 vorstellbar.
Gegenüber heute ergibt sich eine ähnliche Verteilung der Bewölkung. Im
Unterschied zu heute setzen aber erst gegen Abend ganz im Westen erste
Niederschläge ein. Zuvor erfolgt mit dem Zustrom von sehr milder Luft aus dem
westlichen Mittelmeerraum (die zudem labil geschichtet ist) ein
Temperaturanstieg auf 13 bis 18 Grad. Bei Föhn sind örtlich bis 20 Grad möglich.


In der Nacht zum Montag greift die dem Haupttrog vorgelagerte Kaltfront auf
Deutschland über und überquert leicht schleifend auch die mittleren Regionen.
Mit Frontpassage können auch in freien Lagen Wind- und einzelne stürmische Böen
Bft 7/8 auftreten. Ansonsten reicht es nur in exponierten Berglagen sowie in
Nordfriesland für Sturmböen Bft 8/9. Mit Frontpassage bricht am Alpenrand der
Föhn rasch von Westen her zusammen.
Am "warmen" Rand der frontalen Niederschläge sind diese konvektiv durchsetzt, in
der ersten Nachthälfte der Nacht zum Montag können daher vor allem über den
Mittelgebirgen westlich des Rheins einzelne Gewitter nicht ausgeschlossen
werden. Diese gilt es, vor allem in Bezug auf organisiertere Strukturen
verstärkt im Auge zu behalten. Luftmasse, Scherung, Kondensationsniveau,
Feuchteeinschub - hierzu passen die Zutaten relativ gut zusammen. Der Oberwind,
der im 850 hPa-Niveau 60 kt erreicht, birgt sogar die Gefahr von Böen bis
Sturmstärke in sich. Nach Südwesten hin zeichnet sich eine Verstärkung des
Niederschlagsgeschehens ab, wovon der südliche Schwarzwald und ggf. auch der
Hochrhein (eventuell Starkregen, 6-std.) betroffen sein könnte. Ab der zweiten
Nachthälfte und weiter nach Osten hin sollten Gewitter nicht mehr auftreten.
Kaltluftadvektion greift auf die präfrontalen Bereiche über, was eine
Stabilisierung mit sich bringt.
Die Gebiete von Vorpommern bis zu den Alpen bleiben von den Niederschlägen noch
verschont. Da aber, abgesehen von Teilen von Niederbayern, der Gradient auch in
diesen Gebieten ein wenig zulegt, sollte Nebel auf das östliche Niederbayern
beschränkt bleiben. Deutschlandweit dürfte es dann frostfrei bleiben.

Montag... läuft aus dem über den Britischen Inseln liegenden Haupttrog erneut
ein Kurzwellentrog heraus und schwenkt bis nach Ostfrankreich. Dieser reicht bis
ins westliche Mittelmeer. Mit dem Überqueren der Westalpen durch diesen Trog
wird über Oberitalien eine Zyklogenese induziert. Das resultierende Tief hält
die o.g. Kaltfront zurück. Diese erreicht zwar schleifend den Osten Deutschlands
und verliert jedoch nur in ihrem Nordteil an Wetterwirksamkeit, wodurch sich
dort nur geringe Niederschläge ergeben. Nach Süden hin zeichnet sich eine
Intensivierung der frontalen Niederschläge ab. Am Alpenrand sind sogar
warnrelevante Niederschlagsmengen vorstellbar (was aber kein Vergleich darstellt
mit den Niederschlägen, die an der Alpensüdseite simuliert werden - dort kommen
mehr als 60 mm innerhalb von 12 Stunden zusammen). Am östlichen Alpenrand dürfte
dabei die Schneefallgrenze auf Lagen unter 1400 m absinken.
Bedingt durch die Zyklogenese südlich der Alpen wird der Gradient dann auch
wieder etwas auseinandergezogen. Zwar sind in der ersten Tageshälfte im
westlichen Bergland und ganz im Nordwesten noch Windböen Bft 7 zu erwarten, im
weiteren Tagesverlauf sind Wind- und stürmische Böen auf höhere Berglagen und
die offene Nordsee beschränkt.
Postfrontal dürften die Wolken auflockern, wobei die Schauerneigung gering
bleibt. Deutschlandweit erfolgt ein Temperaturrückgang (präfrontal verhindert
mehrschichtige Bewölkung höhere Temperaturen), so dass am Nachmittag nur noch 8
bis 14 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Dienstag überquert der o.g. Kurzwellentrog weitgehend das
Vorhersagegebiet. Im Trogbereich sind vor allem im äußersten Südwesten einzelne
kurze Gewitter nicht ganz auszuschließen. Der nachfolgende Haupttrog erreicht
Mittelfrankreich. Zwischen beiden Trögen ist die Strömung leicht antizyklonal
geprägt. Dies macht sich in weiten Landesteilen durch Absinken bemerkbar, so
dass kaum nennenswerte Niederschläge auftreten. Allerdings halten sich ganz im
Osten noch die frontalen Niederschläge der schleifend abziehenden Kaltfront, die
vom Oderhaff bis nach Ostsachsen und am östlichen Alpenrand auch noch einmal 10
bis etwa 15 mm Niederschlag ergeben können, wahrscheinlich ohne dass
Warnschwellen erreicht werden. Zudem kommen im Südwesten und ganz im Westen
Niederschläge auf, die aus Warmluftadvektion resultieren, die an der Vorderseite
des dann über Mittelfrankreich liegenden Bodentroges zustande kommt.
Warnrelevante Böen sollten auf exponierte Berggipfel beschränkt bleiben.
Aufgrund der meist stärkeren Bewölkung und des noch vorhandenen, wenn auch
schwachen Gradienten sollte es frostfrei bleiben.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Auch hinsichtlich der am Alpenrand zu erwartenden
Niederschläge ergibt sich ein ähnliches Bild, wobei der meiste Niederschlag in
der zweiten Tageshälfte des Montags bis in die Nacht zum Dienstag hinein
simuliert wird.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann