DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-10-2021 07:30
SXEU31 DWAV 280800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 28.10.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang von SWa zu SWz (Südwest antizyklonal bzw. zyklonal)

Blockierende ROSAMUNDE nervt Bayern - desillusionierte Kicker kassieren Klatsche
in Gladbach und der Freistaat leidet unter zähem Nebel/Hochnebel. Ansonsten
wenig Spektakuläres mit typischer Grenzschichtproblematik und nur ganz zögernder
Windzunahme. Mild bis ehr mild.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... befindet sich Deutschland am westlichen Rand eines umfangreichen,
bis in höhere Troposphäre reichenden Hochdruckgebietes (ROSAMUNDE). Das Zentrum
am Boden hat mittlerweile Rumänien erreicht, während der Schwerpunkt des
Höhenhochs im Bereich Tschechien/Slowakei/Ungarn zu finden ist. Gemeinhin sind
die Westflanken von Hochdruckgebieten die warmen Seiten, so auch in diesem Fall.
Man braucht heute früh nur auf die 850-hPa-Temperaturen zu schauen, die
deutschlandweit mit rund 10°C sehr prominent aufgestellt sind. Dass diese zu
dieser Jahreszeit nicht in vollem Maße nach unten abgegeben werden, ist logisch.
Zum einen mangelt es an ausreichend Durchmischung, zum anderen bildet sich in
den langen Nächten eine von der warmen Untertroposphäre eine abgekoppelte
Grundschicht, in der es mehr oder weniger auskühlen kann. Nicht funktioniert hat
das in der letzten Nacht allerdings im äußersten Norden, wo dichte Wolken und
z.T. auch Wind eine substanzielle Abkühlung verhindert haben, so dass der
heutige Donnerstag dort mit zweistelligen Temperaturwerten startet. Anders die
Situation hingegen im Süden und in der Mitte, wo die Temperatur gebietsweise auf
unter 5°C und an den Alpen sowie im Bayerischen Wald punktuell sogar in den
leichten Frostbereich gesunken ist. An einigen Orten wäre es sicherlich noch
kälter geworden, hätte sich nicht ziemlich verbreitet Nebel oder Hochnebel
gebildet bzw. ausgebreitet. Die Absinkinversion ist vielerorts inzwischen schon
so weit nach unten gedrückt worden, dass sie kaum noch von der nächtlichen
Strahlungsinversion zu unterscheiden ist. Entsprechend dünn ist die Grenzschicht
und trotzdem wird es in einigen Regionen heute eine Herkulesaufgabe, die
Grauschleier zu entfernen, was dem niedrigen Sonnenstand und der vielfach
luschigen Strömung geschuldet ist.

Besonders schwer hat es diesbezüglich der Freistaat im Süden der Republik, der
zudem noch den DFB-Schock seiner Metropolenkicker von gestern Abend verdauen
muss - Hammer! Manchmal sorgt Hochdruckeinfluss offensichtlich für schwere
Beine, doch zurück zum Wetter. Vom nördlichen Alpenvorland über die
Donauniederungen und Teilen Mittel- und Unterfrankens hinweg bis in den
zentralen Mittelgebirgsraum, aber auch von der Bodenseeregion bis nach
Ostwürttemberg wird es vielerorts eine zähe Angelegenheit, bis sich Nebel und
Hochnebel aufgelöst haben. Und in einigen Regionen wird es - übrigens wie
gestern auch schon - wohl gar nicht gelingen. Dass das nicht ohne Auswirkungen
auf die Temperaturentwicklung bleibt, ist offensichtlich, sprich, mehr als 6 bis
10°C sind im Dauergrau nicht zu erwarten.

Deutlich besser sieht es freilich in den Regionen aus, wo sich der Nebel früh
auflöst oder erst gar nicht gebildet hat. Dort scheint heute die Sonne von einem
wolkenlosen oder nur gering bewölkten (Cirren) Himmel. Im äußersten Norden
müssen zwar erst noch einige Restwolken aus der Nacht entfernt werden, was mit
aufsteilenden südlichen Strömung aber problemlos gelingen wird. In der
Nordhälfte geht´s dann hoch auf 14 bis 18°C, im Lee von Sauerland und Bergischem
Land lokal vielleicht 19°C, aber auch sonst stehen je nach Sonnenscheindauer
alles andere als kühle 12 bis 17°C auf der Karte. Trotz einer leichten
Gradientzunahme (Druckfall von Westen her) dürfte der überwiegend aus südlichen
Richtungen kommende Wind (im Süden teils Ostwind) tagsüber aus warntechnischer
Perspektive keine Rolle spielen.

In der Nacht zum Freitag gilt es der Chronistenpflicht halber schon mal einen
ersten Blick auf den nahen Atlantik zu riskieren, wo sich inzwischen ein
veritabler Höhentrog etabliert hat. Gemeinsam mit dem "Höhenblock" über dem
östlichen Mittel- respektive dem nahen Osteuropa ergibt sich ein stark
meridionales Potenzialmuster, dessen Progression alles andere als offensiv zu
bezeichnen ist. Trotzdem, bei genauerem Hinschauen erkennt man einen
kurzwelligen Troganteil, der versucht, aus dem Haupttrog herauszulaufen und sich
Kontinentaleuropa zu nähern. Ein weiter Weg, wie sich zeigt, aber immerhin wird
gegen Morgen schon Irland und die Biskaya erreicht (=> leicht negative
Achsstellung). Dem Trog vorgeschaltet ist eine Kaltfront, die zum Tiefkomplex
KALLI zwischen Island und Norwegen gehört. Auch sie strotzt nicht gerade vor
Mobilität, was im Wesentlichen ihrer strömungsparallelen Exposition geschuldet
ist, die für Schleifen und Wellenbildung gut ist.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass Deutschland auch die kommende
Nacht noch unter Hochdruckeinfluss verbringt. Insbesondere für den Süden und
Mitte bedeutet das wieder Bildung und Ausbreitung von Nebel und Hochnebel,
während sich im geringe bewölkten oder klaren Norden nur örtliche Nebelfelder
bilden. In den Tälern der süddeutschen Mittelgebirge sowie an den Alpen und im
südlichen Vorland tritt - Aufklaren vorausgesetzt - leichter Frost auf. Zwar
nimmt der Gradient zwischen dem Hoch im Osten und einer über UK nordostwärts
ziehenden Welle (LEO) weiter zu, was den Wind nicht zuletzt wegen der stabilen
Schichtung aber nicht wirklich antreibt. Klar, in den Hochlagen der
Mittelgebirge legt der südöstliche Wind etwas zu (unterstützt durch
Low-Level-Effekte), allerdings scheinen die von ICON apostrophierten 7er-, teils
sogar 8er-Böen etwas übertrieben. Wo man etwas genauer hinschauen muss, ist in
Ostsachsen, wo vor allem im Zittauer Gebirge und im Osterzgebirge der Böhmische
Wind etwas an Fahrt aufnehmen könnte, auch wenn die Abkühlungsrate im Böhmischen
Becken alles andere als überragend ausfällt. Auf den Alpengipfeln sind im Zuge
einer bevorstehenden Föhnlage erste Böen 8 Bft um Süd möglich.

Freitag... dauert die Blockade durch das hochreichende Hoch über dem nahen
Osteuropa an. Trotzdem schafft es der o.e. negativ geneigte KW-Trog bis nach UK
und in den Nordwesten Frankreichs. Auch die vorgeschaltete wellende Kaltfront
macht etwas Boden nach Osten hin gut und erreicht bis zum Abend etwa die
südwestliche Nordsee und Nordfrankreich. Das genügt, um am Nachmittag und Abend
mehrschichtige Bewölkung in die westlichen Landesteile driften zu lassen, aus
denen aber noch kein Regen fällt. Auf alle Fälle verschärft sich der
Druckgradient weiter, was in den meisten Niederungen respektive tiefen Lagen
aber nach wie vor gar nicht oder nur abgeschwächt ankommt. Dafür könnte es in
einigen Leelagen für einzelne Böen 7 Bft reichen (z.B. an der Eifel), ebenso in
Ostsachsen in "günstig" geschnittenen Tälern. Auch über der Deutschen Bucht legt
der "Süd-Südost" allmählich zu, Böen 7 Bft dürften sich bis zum Abend aber
allenfalls auf Helgoland zeigen. An den Alpen erkennt man im Druckfeld erste
zaghafte Keil-Trog-Strukturen, die auf eine Zunahme des Südföhns hindeuten. Ob
es aber schon für einen Durchbruch in anfällige Hochtäler reicht, ist mehr als
fraglich. Auf den Gipfeln jedenfalls sollte man von Böen 8 Bft, später
vielleicht sogar 9 Bft ausgehen.

Und was geht beim Wetter? - Noch nicht viel Neues, wenn man mal von den bereits
angesprochenen Wolken im Westen absieht. Heißt im Umkehrschluss viel
Sonnenschein auf der einen, Nebel und Hochnebel auf der anderen Seite. Dieser
löst sich z.T. nur zögernd und im Süden sowie in der Mitte stellenweise
überhaupt nicht auf, auch wenn die Numerik eigentlich durchweg optimistischer
aufgestellt ist als für heute. Der Grund dafür könnte der etwas auflebende Wind
und /oder eine weitere, fast infinitesimal anmutende Stauchung der ohnehin nur
dünnen Grundschicht sein. We´ll see. Temperaturmäßig bleibt der große Spread
erhalten: wenig über 5°C bei zähem Nebel, nahe 20°C am Nordrand einiger
Mittelgebirge (z.B. am Haarstrang oder im Nordharz).

In der Nacht zum Samstag ist es dann endlich soweit, die Blockade wird von
Westen her angeknabbert. So greift nicht nur der KW-Trog auf den Westen und
Nordwesten des Vorhersageraums über, wo er rasch nordostwärts schwenkt. Auch die
Kaltfront erreicht deutsches Hoheitsgebiet, so dass neben dichten Wolken nun
auch erste zaghafte Regenfälle zwischen Nordsee und RP bzw. dem Saarland
auftreten. Die ganz große Regennummer wird es aber nicht, da die Interaktion
zwischen Trog und Kaltfront nur bedingt funktioniert und zudem die dämpfende
Wirkung des Osteuropahochs weiterhin nicht wegzudiskutieren ist. So kommen denn
die Wolken in der Osthälfte auch nur spärlich an (am ehesten im höheren
Stockwerk) und im Süden sowie im Südosten breiten sich nochmals Nebel und
Hochnebel aus. Außerdem kann es am Alpenrand sowie in Ostbayern noch mal
leichten Frost geben.

Vor allem im Nordwesten zieht der Gradient an, was der Nordsee Böen 7 Bft,
vereinzelt 8 Bft aus Süd-Südost, postfrontal dann aus Südwest bringt. Auch am
Nordrand der westlichen und zentralen Mittelgebirge könnte es ebenso wie
weiterhin in Ostsachsen für die eine oder andere steife Böe reichen.
"Altmeister" Brocken wartet mit Böen 8 bis 9 Bft auf und in den Alpen dauert die
Föhnsituation an (Sturm in Gipfellagen, evtl. Durchbruch in anfällige Täler).


Samstag... zieht der KW-Trog rasch nordostwärts ab und wir gelangen unter eine
leicht zyklonale südwestliche Höhenströmung, die die ganz großen Hebungsimpulse
aber vermissen lässt. Auch die in ihrem Nordteil noch etwas nach Osten
vorankommende Kaltfront entfaltet kaum noch Wirkung, sie wird sich im
Tagesverlauf wahrscheinlich auflösen und nur anfangs noch ein paar Tropfen
generieren. In puncto Regen geht der Blick dann eher in den Südwesten des
Landes, wo im Vorfeld einer von der Biskaya nach Frankreich ziehenden Welle von
der Westschweiz und dem Elsass her skalige Regenfälle aufkommen. Gebietsweise
können akkumuliert über 12 h 5 bis 10 l/m² zusammenkommen (laut IFS sogar bis
etwa 15 l/m²). Die gesamte Osthälfte schert das alles herzlich wenig, dort
profitiert man immer noch von der wuchtigen ROSAMUNDE über Osteuropa. Im
Klartext bedeutet das viel Sonne, einige hohe oder auch mittelhohe Wolkenfelder
und im Südosten zähe Nebel- oder Hochnebelfelder, die sich aber auflösen könnten
(zunehmende Durchmischung).

Apropos Durchmischung, trotz des soliden Gradienten tut sich der östliche bis
südliche Wind weiterhin schwer, ernsthaft aus dem Quark zu kommen. Über der
Nordsee und in Ostsachsen nimmt der Wind tendenziell sogar ab und in den
Niederungen ist aus warntechnischer Perspektive sowieso weiterhin "tote Hose".
So fokussieren sich ernstzunehmende Strömungsverhältnisse im Wesentlichen auf
die Hochlagen (Spitzenreiter einmal mehr der Blocksberg mit Böen 8-9 Bft) sowie
einige Leelagen am Nordrand der Mittelgebirge. Außerdem kommt nun auch der Föhn
in den Alpen mehr und mehr in Schwung (8-9 Bft, vielleicht 10 Bft in
Gipfellagen), so dass nun evtl. auch der Durchbruch in einige Täler erfolgt.
Noch ein Satz zur Temperatur, die trotz der postfrontalen niedertroposphärischen
Abkühlung in der Nordwesthälfte (Rückgang T850 auf 8 bis 4°C) hochbleibt. 12 bis
17°C lautet die Spanne, am Alpenrand sowie an einigen Nordhängen der
Mittelgebirge lokal 18/19°C. Bei zähem Nebel gilt es den üblichen Abschlag zu
berücksichtigen.

Kurz zusammengefasst noch die Nacht zum Samstag, die in der Westhälfte weiterhin
wechselhaft mit etwas Regen abläuft, während im Osten noch immer
Hochdruckeinfluss wirkt (trocken, Nebelfelder, leichter Frost in Ostbayern). Der
südliche Wind bleibt in höheren Lagen flott unterwegs, in den Alpen dauert der
Föhnsturm an.

Modellvergleich und -einschätzung
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Bis Samstag halten sich die Modellunterschiede in Grenzen und sind nicht
prognoserelevant.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann