DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-10-2021 08:01
SXEU31 DWAV 260800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 26.10.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SWa (Südwest antizyklonal)

Heute schlappe Trog- und Kaltfrontpassage, danach wieder Druck- und
Potenzialanstieg. In der Nacht zum und am Mittwoch an der Küste (vor allem an
der Nordsee) vorübergehend windiger. Zur Mitte und nach Süden hin
Grenzschichtmeteorologie.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... steht im Zeichen einer eher als mager zu bezeichnenden Trog-
respektive Frontpassage. Beide, Trog und Kaltfront, befinden sich entweder über
uns oder haben weite Teile des Landes bereits passiert. Lediglich der Südosten
befand sich heute Morgen noch auf präfrontalem Gelände (Nebel und Frost), was
sich im Tagesverlauf aber auch ändern wird. Ansonsten gilt es zu konstatieren,
dass die Kaltfront im Grunde maskiert ist (postfrontaler Temperaturanstieg im
bodennahen Niveau) und deswegen vom Nachtdienst auch in eine Höhenkaltfront
umgewandelt wurde.

Im Laufe des heutigen Tages schwenkt der leicht positiv geneigte Höhentrog unter
Verkürzung seiner Wellenlänge ostwärts, wobei er noch vor Mitternacht südlich
der Alpen (im Bereich des Golfs von Genua) abtropft. Unmittelbar vorgeschaltet
ist die Höhenkaltfront, die zu einem Tiefkomplex über Nordeuropa (JASCHA)
gehört. Aktuell ist sie noch recht gut mit einem durchbrochenen Regenband
gekoppelt, was sich in den nächsten Stunden aber zum Negativen ändern wird. Die
Analyse der Front wird zunehmend schwerer und letztendlich - dafür spricht auch
der schon weit nach Osten ausgreifende Druckanstieg - wird sie sich auflösen.
Gleiches gilt übrigens für die nachgeschaltete Konvergenz, die quasi die
Trogachse markiert und dabei ein paar Schauer generiert. Auch sie kommt immer
mehr in "ungünstiges Terrain", was nicht nur am o.e. Druckanstieg liegt (dieser
sorgt übrigens für den Aufbau einer Brücke zwischen dem "alten" Hoch
QUEDLINBURGIA über dem nahen Osteuropa und einem vom nahen Atlantik auf
Frankreich übergreifenden "neuen" Hoch (ROSAMUNDE). Von Westen her schiebt zudem
ein neuer Höhenrücken nach, der das Potenzial ansteigen lässt.

Vor dem Hintergrund der geschilderten Abläufe gestaltet sich der heutige
Dienstag in der einfließenden subpolaren Meeresluft (T850 um +3°C) wolkenreich,
wobei es vor allem am Vormittag gebietsweise regnet oder nieselt, ohne dass die
Töpfe dabei besonders voll werden (häufig gerade mal 1 mm oder sogar weniger).
Zum Nachmittag hin nimmt die Regenwahrscheinlichkeit ab, auch wenn im Norden
noch ein paar Schauer durchziehen. Dafür lockert die Wolkendecke hier und da auf
und die Sonne zeigt sich. Im Norden, also am Rande der sich aufbauenden Brücke,
ist etwas Gradient vorhanden, was einen teils mäßigen, von West auf Südwest
rückdrehenden Wind zur Folge hat. Über der Deutschen Bucht kann der Wind auch
mal etwas kräftiger wehen, trotzdem bieten sich tagsüber nicht unbedingt kleine
Warnungen (7 Bft) auf den Inseln oder an der Küste an. Mit 10 bis 15°C, am
Oberrhein lokal bis 17°C wird es für einen 26. Oktober ziemlich mild.

In der Nacht zum Mittwoch weitet sich das Bodenhoch (gemeint ist ROSAMUNDE) von
Frankreich her bis auf die gesamte Alpenregion aus, wobei der reduzierte
Luftdruck (QFF) etwas über 1025 hPa liegt. Gestützt wird die gute ROSAMUNDE vom
ebenfalls ostwärts vorstoßenden Höhenrücken, der allerdings in klassischer
Manier von WLA überlaufen wird. Am kräftigsten fällt die WLA im Norden aus, wo
sie die Annäherung einer Warmfront ankündigt, die zum Tief KALLI dicht bei
Island gehört. Mit der Warmfront zieht mehrschichtige Bewölkung über
Norddeutschland hinweg ostwärts, aus der aber allenfalls in unmittelbarer
Küstennähe sowie in SH etwas Regen oder Nieselregen fällt. Auf alle sorgen die
Wolken für eine milde Nacht mit im Nordwesten zweistelligen Tiefstwerten.
Außerdem zieht der Südwestwind insbesondere über der Nordsee merklich an, so
dass auf den Inseln sowie der Küste entlang vermehrt mit steifen Böen 7 Bft,
exponiert auch stürmischen Böen 8 Bft zu rechnen ist. Dass sich der Brocken im
Oberharz windtechnisch auch nicht lange bitten lassen muss, ist evident (meist
Böen 8 Bft, vielleicht sogar mal eine 9 Bft).

Warnungen dürfte es in der kommenden Nacht auch im Süden geben, allerdings nicht
vor Wind, sondern vor dichtem Nebel mit Sichtweiten unter 150 m. Die
Grundschicht ist nicht zuletzt durch den heutigen Regen ausreichend
angefeuchtet, außerdem lockern die Wolken auf und es ist windschwach. Beste
Voraussetzungen also für Nebelbildung, was auch von allen einschlägigen
numerischen Produkten so gesehen wird. Vor allem an der Donau und südlich davon
dürfte es ordentlich einnebeln, aber auch weiter nördlich bis hinein in den
zentralen Mittelgebirgsraum dürften sich einige Nebelfelder bilden. Luftfrost
ist in dieser recht feuchten Luftmasse kein Thema.

Mittwoch... macht der Höhenrücken "Boden" nach Osten hin gut, so dass der
gesamte Vorhersageraum von ihm überdeckt wird. Seine Amplitude ist nicht
besonders ausgeprägt, dafür verfügt er über ausreichend Breite, was ihm einen
großen Wirkungsradius verleiht. Die nächtliche Warmfront jedenfalls wird relativ
zügig nach Osten weggedrückt, sie erreicht zur Mittagszeit bereits den Nordosten
Polens sowie die baltischen Staaten. Auf der Rückseite gelangt in den Norden
feuchte und milde Nordseeluft (Anstieg T850 auf rund 9°C), die dort für einen
meist stark bewölkten bis bedeckten Mittwoch sorgt. Aufgrund nachlassender
mitteltroposphärischer WLA halten sich aber etwaige Niederschlagsprozesse in
Grenzen, was allerdings zeitweiligen Nieselregen gerade in Küstennähe nicht
ausschließt. Apropos Küstennähe, dort sowie im küstennahen Binnenland und im
Norden SHs weht ein flotter Südwestwind, der an der Nordsee in Böen Stärke 7 bis
8 Bft, sonst meist nur 7 Bft erreicht. Trotz Bewölkung wird es mit 14 bis 17°C
alles andere als frisch.

Weit ruhiger als im äußersten Norden gibt sich das Mittwochswetter in der Mitte
und im Süden. Dort greift weiterhin die Hochdruckbrücke, auch wenn sich der
Schwerpunkt der werten ROSAMUNDE etwas nach Osten verlagert. Absinken bestimmt
das Geschehen, wobei sich die Inversion irgendwo zwischen 900 und 800 hPa
herauskristallisiert. Darunter bleibt die Grundschicht relativ feucht und da der
Wind nicht so richtig in Fahrt kommen will (wie auch bei diesem Gradienten),
könnte es in einigen Regionen eine zähe Angelegenheit werden mit der Auflösung
von Nebel und Hochnebel. Gute bis sehr gute Karten haben selbstredend die
Hochlagen Süddeutschlands sowie auch das höhere Alpenvorland (die Inversion
liegt im Süden tendenziell etwas niedriger als in der Mitte), wo für morgen die
meisten Sonnenstunden prognostiziert werden (MOS-Mix). Aber auch sonst besteht
durchaus Hoffnung, dass spätestens zum Nachmittag in einigen Gebieten die Sonne
durchbricht. Keine guten Karten diesbezüglich haben u.a. die Donauniederungen,
aber auch im zentralen Mittelgebirgsraum wird es nicht überall funktionieren.
Dort, wo es besonders früh klappt, erreicht die Temperatur 15 bis 18°C, wo es
etwas später klappt 10 bis 15°C und wo es gar nicht klappt, wird die 10°C nicht
erreicht.

In der Nacht zum Donnerstag beginnt der Rücken sich über Mitteleuropa
aufzuwölben, was in unmittelbarem Zusammenhang mit einer fortschreitenden
Austrogung über dem Ostatlantik steht. Bodennah verbleiben wir auf der
Westflanke des sich über Südosteuropa kräftigenden Hochs (1030-hPa-Isobare über
Rumänien), was auf der einen Seite die niedertroposphärische Erwärmung
vorantreibt (T850 am Morgen landesweit bei 7 bis 11°C), auf der anderen Seite
aber auch die Grenzschichtproblematik verschärft. Insbesondere im Süden und in
der Mitte bilden sich vielerorts Nebel und Hochnebel bzw. breiten sich vom Tage
übriggebliebene aus. An den Alpen sowie im äußersten Südosten Bayerns kühlt es
bei längerem Aufklaren auf 0°C oder etwas darunter ab, ansonsten bleibt es
zumindest in 2 Meter Höhe weitgehend frostfrei.

Im Norden des Landes lockert die Wolkendecke zwar auch zunehmend auf, die
Nebelgefahr bleibt aber vergleichsweise gering. Ursache ist der auf südliche
Richtungen rückdrehende Wind, der zwar gegenüber dem Tag an Mobilität einbüßt,
aber eben nicht gänzlich ins Land der Träume abdriftet. Immerhin, die meisten
Warnungen können auslaufen, zuletzt wahrscheinlich an der
schleswig-holsteinischen Nordseeküste.

Donnerstag... verschiebt sich die Achse des sich weiter aufplusternden
Höhenrückens respektive Höhenhochs etwas nach Osten, was uns mehr unter seinen
westlichen Teil bringt. Normalerweise muss man bei vergleichbaren Wetterlagen
alsbald schon wieder auf den nachfolgenden Trog schauen, nicht so in diesem
Fall. Er bleibt ebenso draußen auf dem Atlantik wie irgendwelche Tiefausläufer
oder Fronten, so dass der Donnerstag ganz klar unter antizyklonalen Vorzeichen
verläuft.

Das trifft selbstverständlich auch für das Bodendruckfeld zu, wo das Zentrum des
Hochs zwar ganz schön weit weg (Schwarzmeerregion bzw. etwas westlich davon),
die "Leine" aber sehr lang ist. Auf der warmen Westflanke bleibt es mild (T850
meist zwischen 8 und 12°C), außerdem kommt - wenn auch mit stark angezogener
Handbremse - ein leichter Süd- bis Südostwind auf. Dieser vertreibt die letzten
Wolken aus Norddeutschland, so dass sich dort verbreitet die Sonne durchsetzt.
Gut sieht es auch für die Leelagen der zentralen Mittelgebirge aus, wo sich der
Wind an den Aufräumarbeiten zur Tilgung von Nebel und Hochnebel beteiligt.
Schwieriger wird es diesbezüglich in einigen Regionen Süddeutschlands (z.B.
Donauniederungen), aber auch sonst in geschützten Flusstälern bzw. oder in der
Nähe größerer Gewässer. Hier sollte es nicht verwundern, wenn es ganztägig grau
in grau bleibt. Je nach Sonnenangebot respektive Nebelandauer und morgendlichen
Startwerten steigt die Temperatur auf 10 bis 18°C. Dort, wo es mit der Auflösung
nicht oder erst ganz spät klappt, reicht es lediglich für 6 bis 10°C.

In der Nacht zum Freitag tut sich herzlich wenig an der synoptischen
Konstellation. Vor allem im Süden und in der Mitte breitet sich wieder Nebel
aus, während im Norden nur lokale Nebelfelder auf der Karte stehen. An den Alpen
sowie im Südosten Bayerns tritt lokal leichter Luftfrost auf.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die geschilderte Entwicklung als solche ist unstrittig. Fraglich ist, ob die
Numerik bei der Auflösung von Nebel und Hochnebel nicht etwas zu optimistisch
agiert. Die Klimatologie für die letzte Oktoberdekade jedenfalls zeigt ein
zunehmendes Nichtauflösen der Grauschleier bei windschwachen Verhältnissen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann