DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-09-2016 21:00
SXEU31 DWAV 091800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 09.09.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Weiterhin verbreitet spätsommerlich mit nur wenigen Störungen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland unter einem Höhenrücken, der sich vom Balkan bis
zur Ostsee aufwölbt. Da seine Achse in der Nacht über der Ostsee eine leicht
retrograde Verlagerung zeigt, ist die Höhenströmung über dem Nordwesten
Deutschlands eine südwestliche, ansonsten kommen die Luftmassen in der Höhe
meist aus südlichen Richtungen, wobei der Geopotentialgradient sehr schwach
ausgeprägt ist. Innerhalb des Rückens zeigt sich über Südpolen ein
abgeschlossenes Höhenhoch, während die "Ferse" des italienischen Stiefels unter
einem Höhentief zu finden ist. Diese "High Over Low"-Situation erweist sich auch
in den nächsten Tagen als sehr stabil, und bis zum Samstagmorgen sind an der
beschriebenen Konstellation ohnehin keine größeren Veränderungen auszumachen.
Die einzige "Störung" im Geopotentialfeld bildet ein schwacher Randtrog, der auf
der Südostflanke des Langwellentroges über dem nahen Ostatlantik abläuft. Mit
diesem kurzwelligen Troganteil korrespondiert eine - auch in den Feuchtefeldern
- nur schwach ausgeprägte Kaltfront, die sich von der westlichen Ostsee bis nach
Baden-Württemberg erstreckt. Sie kommt, leicht wellend, vor allem über dem Süden
Deutschlands kaum nach Osten voran, ist allerdings auch nur sehr wenig
wetterwirksam, denn mehr als ein paar Wolken hat sie nicht im Gepäck. So bleibt
praktisch überall das ruhige Spätsommerwetter erhalten, und selbst im äußersten
Südosten, wo das COSMO-EU-CAPE bis knapp an die 500 J/kg, das ICON-CAPE sogar
etwas darüber ansteigt, sind bei nur sehr geringer Labilität Gewitter sehr
unwahrscheinlich. Letztendlich sollten sich die warnwürdigen Wettererscheinungen
auf Nebel beschränken, mit dem ausgangs der Nacht im Norden und in ungünstigen
Mittelgebirgslagen gerechnet werden muss.

Samstag ... befindet sich das Vorhersagegebiet weiterhin am westlichen Rand der
Höhenantizyklone, die sich leicht abschwächt und dabei nur sehr geringe
Verlagerungstendenzen zeigt. Gleichzeitig sickert in den Süden Deutschlands
zunehmend feuchte und labiler geschichtete Luft ein. Demgegenüber läuft auf der
Südostflanke des von Island nach Süden ausgreifenden Höhentroges erneut ein
kurzwelliger Anteil ab, der am Tage die Britischen Inseln überquert und in der
Nacht in nordöstlicher Richtung über die Nordsee bis nach Südnorwegen geführt
wird. Mit diesem Kurzwellentrog korrespondiert ein (teil-)okkludiertes
Frontensystem. Da diese über der Nordsee wellt, macht es sich erst am
Samstagabend im Emsland mit ersten, teils auch dichteren Wolkenfeldern
bemerkbar. In der Nacht greift dieses dann auf den Nordwesten über. Wie schon
dasjenige am Vortag zeigt sich auch das neue Frontensystem als nur wenig
wetterwirksam. Abgesehen von ein paar Regentropfen, die in der Nacht im
erweiterten Nordseeumfeld fallen können, bleibt es laut der deutschen
Modellkette trocken. Und im Druckfeld ist schon in der Nacht im Norden ein
deutlicher Anstieg und damit eine Stabilisierung zu erkennen. Im Süden muss
dagegen vom südlichen Schwarzwald bis zum Bayerischen Wald und an die Alpen mit
Gewittern gerechnet werden. Laut COSMO-EU liegen die CAPE-ML-Werte in
Südostbayern bei bis zu 800 J/kg, COSMO-DE simuliert sogar CAPE-Werte über 1000
J/kg. Der KO-Index soll im Berchtesgadener Land im zweistellig negativen Bereich
liegen, und das niederschlagbare Wasser erreicht bei beiden COSMO-Modellen Werte
bis zu 25 mm. Da nebenbei auch die Auslösetemperatur von etwa 28 Grad erreicht
wird, bedarf es zur Gewitterauslöse noch nicht einmal der orografischen
Unterstützung. Mögliche Gewitter sollten den markanten Bereich (Starkregen,
eventuell Hagel) erreichen können, bezüglich des Windes ist bei der sehr
gradientschwachen Lage allerdings nicht viel zu erwarten. Damit bleibt
einerseits noch der Nebel erwähnenswert, der sich Ausgangs der Nacht wieder
gebietsweise bildet, und andererseits die Temperaturen, die im 850er Niveau bei
10 bis 15 Grad liegen und damit wieder sommerliche Temperaturen erwarten lassen.


Sonntag ... zieht der Kurzwellentrog vom Süden Norwegens weiter ins zentrale
Skandinavien und nach Lappland. Auf seiner Rückseite bekommt die Höhenströmung
über der Nordsee wieder eine leicht antizyklonale Krümmung, und auch bezüglich
der absoluten Werte der 500er Geopotentials ist dort ein leichter Anstieg zu
erkennen. Auch das Höhenhoch über Polen kräftigt sich erneut, so dass im
Tagesverlauf auch die 584er gpdm-Isohypse dort wieder "auftaucht". Dies kann
allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Wetterbedingungen in
Deutschland zumindest gebietsweis und zumindest vorübergehend eintrüben. Dies
ist im Norden der o.e. Front geschuldet. Diese kommt über der Ostsee nur sehr
zögerlich voran und wird, da sie über der Nordsee wellt, über
Nordwestdeutschland sogar wieder als rückläufige Warmfront nach Norden geführt.
Dennoch sorgt sie in den erwähnten Gebieten für teils dichtere Wolken, Regen
wird aus der mehrschichtigen Bewölkung bei den meisten Modellen nicht berechnet,
nur GFS zeigt eine gewisse niederschlagsnähe mit ein paar Tropfen. Nebenbei sei
erwähnt, dass die Front auch im Feld der 700er Feuchte deutlich als bandförmige
Struktur zu erkennen ist, wenngleich der beschriebene Anstieg des Geopotentials
für Absinken und somit eine Austrocknung sorgt. Während ein schwächer
Ausgeprägtes Feuchtefeld im Südwesten ebenfalls für einige Wolken sorgt, hält
sich im Südosten Bayerns weiterhin labile Luft. Im Vergleich zum Vortag
erscheint bei COSMO-EU die Schichtung bezüglich des KO-Index' etwas stabiler als
am Vortag, auch legen die etwas höheren CIN-Werte eine stärkere Deckelung nahe.
Die CAPE-ML-Werte sind mit Spitzen von 850 J/kg etwas höher als am Vortag, und
ihr Schwerpunkt ist etwas in Richtung Nordosten verschoben. Betrachtet man
ICON6_Nest, so zeigen sich zwar an beiden Tagen CAPE-ML-Werte von über 1000
J/kg, bezüglich der Tendenzen beim KO-Index oder der Verlagerung des
CAPE-Schwerpunkt sind die Modelle aber ähnlich. Insgesamt erscheint die
Gewitterneigung geringer zu sein als am Vortag, gleichwohl sind einzelne
markante Entwicklungen mit Starkregen und Hagel möglich. Die 850er Temperaturen
steigen im Vergleich zum Vortag etwas an, was auch eine leichten Anstieg der
Höchstwerte zur Folge haben sollte, und Nebel ist in der Nacht zu Montag
natürlich wieder ein Thema.

Montag ... steigt das Geopotential über Deutschland noch etwas an, und auch das
abgeschlossene Höhenhoch über Polen kräftigt sich, es kommt sogar vorübergehend
etwas nach Westen voran. Der Langwellentrog über dem nahen Atlantik amplifiziert
bei zurückgehender Wellenlänge und zeigt damit deutliche Abtropftendenzen.
Gleichwohl ist dieser Abtropfprozess bis zum
Ende der Nacht zu Dienstag noch nicht vollzogen, aber im Bodendruckfeld ist
schon ein langgestrecktes Tief zu erkennen, dass mit einer nord-südlichen
Ausrichtung über den Britischen Inseln und der Biskaya liegt. Die auf seiner
Ostflanke vorherrschende südliche Strömung drückt, ebenso wie der sich
kräftigende Rücken, die Front aus dem Norden Deutschlands heraus in Richtung
Nordsee. Somit wird es dort wieder freundlicher, und damit steht uns wieder
verbreitet ein sonniger Tag Wochenauftakt ins Haus. Im Süden besteht dabei
weiterhin ein erhöhtes Gewitterrisiko, ohne dass sich die entsprechenden Indices
im Vergleich zu den Vortagen nennenswert verändert hätten (CAPE-ML um 1000 J/kg,
KO-Index in den Alpen um -10, PPW-Werte um 25 mm, alle aus COSMO-EU). Es scheint
nur so, als sollten sich die Gebiete mit der zu Umlagerungen neigenden Luft
etwas nach Norden ausweiten. Ansonsten ist Nebel auch in der Nacht zu Dienstag
ein Thema, und wesentliche Änderungen bei der Temperatur sind nicht zu erwarten.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die wenig dynamischen Prozesse sehr ähnlich. Im Detail
ergeben sich Unterschiede in der Verlagerung der Front über dem Norden sowie der
möglichen Entwicklung von Schauern und Gewittern über dem Süden. Auf
Unterschiede zwischen den Protagonisten der deutschen Modellkette wurde im Text
eingegangen, die externen Modelle liefern auch keine die Warnstrategie
wesentlich beeinflussenden zusätzlichen Erkenntnisse.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas