DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-10-2021 08:01
SXEU31 DWAV 210800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 21.10.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Heute teils schwere Sturmböen, in Gipfellagen sowie örtlich auch in tiefen Lagen
orkanartige Böen oder Orkanböen (UNWETTER).
Am Freitag in der Nordhälfte nochmals stürmische Böen oder Sturmböen, die an der
Küste bis Samstagfrüh andauern. An der See einzelne Gewitter. Böen Bft 11 an der
Nordsee nicht ganz ausgeschlossen. Im Süden Wetterberuhigung.
Am Samstag an der Ostsee morgens Böen Bft 8 möglich. Sonst keine markanten
Warnungen erforderlich.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... Ein umfangreicher, vom Nordmeer ausgehender Höhentrog schwenkt
heute über Deutschland hinweg nach Osten. Dabei zieht ein erster kurzwelliger
Anteil bereits am Vormittag von Deutschland nach Westpolen, ein weiterer Anteil
schwenkt von der Nordsee und Nordfrankreich bis 18 UTC nach Nord-und
Westdeutschland. Die erste Kaltfront des Haupttiefs vor Norwegen erreicht die
Alpen. Gleichzeitig zieht am Vormittag ein kleines Randtief von
Schleswig-Holstein bis Mittag nach Öland und seine ´rumgeholte´ Okklusion
überquert von West nach Ost weite Teile Deutschlands. In ihrem Bereich gibt es
den stärksten Gradienten und somit auch die stärksten Böen. Dabei treten morgens
nach den Modellen die stärksten Böen im Westen auf mit verbreiteten Sturmböen,
teils auch schweren Sturmböen. Vereinzelt werden (vor allem in höheren Lagen)
auch orkanartige Böen simuliert. Die Wahrscheinlichkeiten für orkanartige Böen
sind bei Icon-D2-EPS überwiegend in höheren Lagen der Mittelgebirge, aber auch
im Ostseeküstenbereich, erhöht. Bei CosmoLEPS sind die Wahrscheinlichkeiten
höher und es gibt auch in tiefen Lagen einen Bereich mit 10 bis 30 Prozent
Wahrscheinlichkeit für Böen Bft 11 vom nördlichen Mittelgebirgsraum bis in den
Süden Brandenburgs und nach Sachsen, aber auch in einem Streifen vom nördlichen
Niedersachsen bis zur Ostsee. Dort gehen die Wahrscheinlichkeiten sogar auf 40
bis 60 Prozent, aber meist auf freier See (12 UTC). Aktuell erkennt man aber,
dass sich der Hauptgradient in der Mitte Deutschlands befindet.
Bis zum Abend bleibt es im Nordosten recht labil mit absolut gesehen hohen
Lapsrates, wobei Cape-ML naturgemäß bei Kaltluft nicht besonders groß ist (bis
50 J/Kg). Nichtsdestotrotz können Quellungen bis -25 oder -30 Grad gehen, so
dass Gewitter vor allem dort noch auftreten können.
Ein weiterer Trog erreicht um 12 UTC die südliche Nordsee sowie Nordfrankreich
und schwenkt bis 18 UTC nach Norddeutschland sowie NRW. Davor befindet sich eine
weitere Kaltfront, die dann eine Linie Frankfurt (Oder)-Südhessen erreicht. An
der Front, die von Nordwesten her übergreift, sind ebenfalls einzelne Gewitter
nicht ganz ausgeschlossen. Dann sind auch wieder Sturmböen möglich, während
sonst bei Frontdurchgang lediglich steife Windböen und einzelne stürmische Böen
möglich sind.

In der Nacht zum Freitag dringt die Kaltfront mit Regen über den Süden zu den
Alpen vor, schwächt sich aber ab, da sich von Westen her ein Hochkeil
hereinschiebt. Der korrespondierende Höhentrog schwenkt nach Osteuropa. Im Stau
der Alpen regnet es am längsten, wobei dort die kalte Luft noch nicht richtig
ankommt und die Schneefallgrenze deutlich oberhalb von 1500 m bleibt, während
sonst in der einströmenden Meereskaltluft die entsprechenden Werte auf 0 bis
-2°C in 850 hPa sinken. Im Norden wird die Schaueraktivität durch weitere Tröge
aufrechterhalten, ansonsten lockert die Bewölkung stärker auf und es bleibt
weitgehend trocken.

An den Küsten und im höheren Bergland bleibt es stürmisch, teils mit schweren
Sturmböen. Im Binnenland wird der Wind von Westen her aber schwächer. Im
Bergland gibt es vor allem in Bodennähe lokal leichten Frost.

Freitag... Bereits in der Frühe wird der Höhentrog über Mitteleuropa nochmal
regeneriert und verlagert sich aber im Tagesverlauf langsam nach Polen, was uns
unter eine auf Nordwest drehende, immer noch zyklonal konturierte Höhenströmung
bringt. Im Bodendruckfeld verbringen wir den Freitag am Südrand der mehrkernigen
Tiefdruckzone über Nordeuropa, wobei mit der kräftigen Nordwestströmung kalte
Meeresluft polaren Ursprungs mit 0 bis -2°C in 850 hPa zu uns gelangt.
Der Gradient ist in der Nordhälfte gut aufgestellt, wobei hier ein Bodentrog
nebst Konvergenz unterstützend wirkt. Der aus westlichen Richtungen wehende
Wind frischt mit Unterstützung des Tagesgags auf und bringt verbreitet
stürmische Böen im Norden, Osten und im nördlichen Mittelgebirgsraum, in
Leelagen auch Böen Bft 9. An der Küste und in höheren Lagen häufiger 9 Bft und
exponiert Böen Bft 10. Gering wahrscheinlich sind an der Nordsee orkanartige
Böen (Icon-D2-EPS, CosmoLEPS). Etwas gemächlicher gibt sich der Wind in der
Südwesthälfte, wo der zonal orientierte Hochkeil eine Gradientauffächerung
bewirkt. Hier treten in tiefen Lagen nur 5er und 6er Böen auf, nach Nordosten
hin auch steife Böen und auf exponierten Bergen einzelne Sturmböen.

Derweil fällt südlich der Donau noch etwas Regen, in höheren Lagen (über 1500m)
Schnee. Ansonsten setzt sich im Süden zeitweise die Sonne durch. In der
Nordhälfte kommt es an einer Konvergenz vermehrt zu Schauern (mit Graupel und
auf dem Brocken teils als Schnee) und einzelnen Gewittern.
Mit Höchstwerten von 9 bis 13°C werden die Temperaturen auf Normalmaß gestutzt.

In der Nacht zum Samstag setzt sich von Südwesten her Hochdruckeinfluss durch
und der Gradient fächert außer an der Küste und im Nordosten stark auf, bzw.
verschwindet ganz (Süden). Gebietsweise lockert es stärker auf oder es wird
gering bewölkt und es bildet sich Nebel. Reste der Schauer sind anfangs vor
allem noch über der Mitte und dem Norden zu finden, sonst trocknet es ab und der
kräftige, in Böen teils stürmische West- bis Nordwestwind zieht sich zur Ostsee
hin zurück. Vor allem anfangs sind an den Küsten und auf exponierten Bergen noch
Sturmböen oder schwere Sturmböen möglich und die Temperaturen gehen in den
einstelligen Bereich zurück, am Erdboden ist über Süddeutschland leichter Frost
zu erwarten.

Samstag... rückt der Höhenkeil über der Nordsee und Frankreich allmählich nach
Osten vor und stützt ein Bodenhoch, das seinen Schwerpunkt zum mittleren
Deutschland verlagert und sich noch verstärkt. An seiner Nordostflanke treten
morgens in Mecklenb.-V. noch steife Windböen, an der Ostsee auch stürmische Böen
auf. Im Vormittagsverlauf schwächst sich der Wind weiter ab und sonst weht der
Wind meist nur schwach.

Im größten Teil Deutschlands steht ein wettertechnisch ruhiger Tag ins Haus. Die
Absinkinversion sinkt allmählich auf etwa 800 hPa, im Südwesten auch darunter,
wobei sich die Quellwolken zu SC-Bewölkung ausbreiten können. Vor allem im
nördlichen Mittelgebirgsraum kann diese sich auch noch stauen, so dass die Sonne
dort nicht so zum Zuge kommt. Ansonsten wechseln sich Sonne und Wolken ab und es
bleibt trocken, am sonnigsten wird es wohl ganz im Südwesten sowie an den Alpen
und an der Ostsee.
Niedertroposphärisch ändert sich an den Temperaturen nur wenig, somit bleibt es
bei Höchstwerten zwischen 9 und 13 Grad.
In der teils klaren Nacht zum Sonntag gibt es im Osten, in der Mitte und im
Süden örtlich leichten Frost und in Bodennähe tritt verbreitet Frost auf, teils
bis -5 Grad. Örtlich bildet sich Nebel. Auf Brücken kann es Reifeglätte geben.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Wetterberuhigung wird unisono simuliert.

Wahrscheinlichkeitsaussagen über den Sturm bzw. Orkan heute und morgen wurden
bereits oben getroffen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden