DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-10-2021 08:01
SXEU31 DWAV 180800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 18.10.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Windiger und sehr mild. Zum Donnerstag hin Sturmlage.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... wird ein Höhenrücken über Westeuropa flankiert von einem breiten
Langwellentrog über dem Nordatlantik und einem Trog über Skandinavien und
Osteuropa. Das Strömungsmuster ist progressiv, was dazu führt, dass wir zum
einen auf der Vorderseite des Höhenrückens liegen, und dieser darüber hinaus zu
uns nach Mitteleuropa hereinschwenkt. Im Norden wird der Rücken von
Warmluftadvektion überlaufen, die mit den dort schleifenden Tiefausläufern
starke Bewölkung und leichte Regenfälle auslöst. Gleichzeitig zieht begleitet
von leichtem Druckfall von Nordwesten her hohe und mittelhohe Bewölkung auf, die
aber noch keinen Regen bringt und durch die die Sonne tagsüber häufig
hindurchscheint.

Das wetterbestimmende Bodenhochdruckgebiet verschiebt seinen Schwerpunkt von
Süddeutschland nach Österreich/Ungarn. Dabei nimmt der Druckgradient von
Nordwesten her langsam zu, ohne das Zählbares in Form von warnwürdigen Böen
herausspringt. Lediglich über der Nordsee sind einzelne 7er Böen aus Süd nicht
ausgeschlossen.

Ansonsten dominiert zunächst Absinken, sodass einem freundlichen und milden
Herbsttag nur der Nebel und Hochnebel über der Mitte und dem Süden im Wege
steht, der sich teilweise nur langsam auflöst. Die Temperaturen steigen
gebietsweise über 15°C.

In der Nacht zum Dienstag entfernt sich das Bodenhochdruckgebiet nach Südosten,
während die positiv geneigte Achse des Höhenkeils von der Iberischen Halbinsel
über Frankreich genau nach Deutschland zielt. Niedertroposphärisch setzt sich
schon eine leicht flatternde westliche bis südwestliche Strömung durch mit der
abgeschwächte Tiefausläufer auf den Westen übergreifen. Hier kommen leichte,
skalige Regenfälle auf. Auch ganz im Nordosten kann es an dem langsam
abziehenden Tiefausläufer anfangs leicht regnen. Ansonsten führt die andauernde
Warmluftadvektion zu hohen und mittelhohen Wolken.
Im Süden und Südosten, wo das südosteuropäische Hoch das Zepter noch in der Hand
hält, sind bei stärker aufgelockerter Bewölkung vermehrt Nebel und Bodenfrost zu
erwarten. Gebietsweise gibt es dort Frost in Bodennähe und vereinzelt auch in 2m
Höhe. Der Gradient nimmt weiter langsam zu und auf einigen exponierten Bergen
gibt es stürmische Böen, auf dem Brocken ausgangs der Nacht eventuell erste
Sturmböen.


Dienstag... nähert sich der Trog über dem Atlantik langsam dem europäischen
Kontinent, wogegen sich der Höhenrücken über Mitteleuropa durch die WLA noch
leicht kräftigt und nur langsam nach Osten zieht. Das dennoch leichte Hebung
generiert wird, liegt neben der Warmluftadvektion an der leicht wellenden
Strömung, die sich in den Advektionsfeldern der Vorticity zeigt.
Mit der auflebenden Südwestströmung wird die Warmfront endgültig aus dem
Nordosten nach Polen abgedrängt und die schwachen Tiefausläufer über dem Westen
gehen in eine Warmfront über und machen nordostwärts an Boden gut. Bei starker
Bewölkung fällt in diesem Zusammenhang gebietsweise Regen, der weitab jeglicher
Warnrelevanz bleibt und nur in Staulagen sowie in Nordseenähe mal in die Nähe
der 10 mm in 12 Stunden kommt. Postfrontal lockert die Bewölkung im Tagesverlauf
von Westen und Südwesten her wieder auf. Der Süden und Südosten zeigt sich
ohnehin etwas freundlicher mit geringerer Niederschlagsneigung und einigen
Wolkenlücken.
Mit kräftigerem Druckfall über Nordwesteuropa zieht der Druckgradient langsam
weiter an. An der Nordsee sowie im Bergland kommen vermehrt steife Böen aus Süd
bis Südwest auf. Auf exponierten Bergen gibt es stürmische Böen oder Sturmböen.
Die Temperatur steigt in der sehr milden Meeresluft in 850 hPa auf 8 bis 13°C,
was gut durchmischt im Südwesten die 20°C in greifbare Nähe bringt, ansonsten
liegen die Höchstwerte bei 14 bis 19°C.

In der Nacht zum Mittwoch gelangen wir in den breiten Warmsektor eines über die
Nordsee nach Skandinavien ziehenden Tiefs. Die Warmluft flutet schließlich das
ganze Land mit Temperaturen, die in 850 hPa auf bis zu 15 Grad über dem Süden
ansteigen und selbst nahe Dänemark 8 Grad erreichen. Der Höhenrücken zieht
derweil ab und die Frontalzone rückt näher, was sich in einer weiteren
Verschärfung des Gradienten widerspiegelt. An der Nordsee und im höheren
Bergland werden stürmische Böen häufiger, an der Ostsee und im küstennahe
Binnenland sowie in einigen windanfälligen Lagen weiter landeinwärts sind steife
Böen auf der Karte. In Gipfellagen der Mittelgebirge und Alpen kommt es zu
Sturmböen, auf den Brocken sind schwere Sturmböen oder orkanartige Böen möglich.

Vor allem im Norden bleibt die Nacht mit Tiefstwerten über +10°C sehr mild, aber
auch im Süden, wo es bei einigen Auflockerungen stärker abkühlt, ist kaum noch
Bodenfrost drin. Ansonsten zieht der Warmfrontregen ab, die Kaltfront bleibt im
Nordwesten noch außen vor.


Mittwoch... erreicht der Langwellentrog die Britischen Inseln und die Nordsee
und reicht von dort bis in den Norden der Iberischen Halbinsel. Der Tiefkomplex
im Bodendruckfeld ist schwerpunktmäßig über Skandinavien zu finden. Mitteleuropa
und somit auch Deutschland liegen in einer hochreichend strammen südwestlichen
Strömung mit leicht föhniger Tendenz an den Alpen.
Die Kaltfront der Tiefs über Skandinavien greift leicht schleifend von Westen
her auf Deutschland über, erreicht aber dennoch zum Abend schon eine Linie von
Vorpommern bis zur Pfalz. Dabei fällt zunächst meist nur leichter Regen, der
sich abends im Südwesten wahrscheinlich etwas verstärkt. Präfrontal verstärkt
sich die Zufuhr der subtropischen Warmluft noch weiter und lässt die
Temperaturen in großen Landesteilen auf mehr als 20°C steigen. In einigen
Föhntälern sind nahe 25°C nicht ausgeschlossen.
Die postfrontal einströmende kühlere Meeresluft ist zunächst recht stabil
geschichtet. Erst im weiteren Verlauf mit Annäherung höhenkälterer Luft im
Bereich des Troges sind über dem Westen und Nordwesten vermehrt Schauer und
einzelne Gewitter mit Sturmböen (in 850 hPa 50kt) möglich. Bei hoher Scherung
sind Schauer/Gewitterlinien möglich. Abseits der konvektiven Böen sind außer im
Süden steife Böen, über der Nordwesthälfte stürmische Böen und an der Nordsee
sowie im höheren Bergland teils schwere Sturmböen zu erwarten.

In der Nacht zum Donnerstag weitet sich der Langwellentrog über uns nach
Südosten aus, so dass die Kaltfront nach Südosten durchgedrückt wird und
ausgangs der Nacht den Südosten überquert. Der Jet (130kt in 300 hPa) verschiebt
sich dabei genau über Deutschland nach Südosten, sodass seitens der Dynamik kaum
Wünsche offen bleiben.
Die dann postfrontalen Regenfälle erreichen den äußersten Südosten noch nicht.
Vor allem im Südwesten kann es vorübergehend kräftig regnen. ICON simuliert im
Schwarzwald in 6 Stunden bis 30 mm Niederschlag.
In der einfließenden frischeren Meeresluft sinken die 850 hPa Temperaturen bis
zum Morgen auf 9°C im Südosten und bis 1°C über dem Westen. Auch bei den
konvektiven Niederschlägen scheint es turbulent weiter zu gehen. Cape-Werte bis
200 J/kg, PPW zunächst um 30 mm und hohe Geschwindigkeitsscherung sowie das
Übergreifen des Troges mit PVA lassen die Schauer und Gewitter andauern.
Bei der staffelartig einströmenden Kaltluft sind diese teils linienartig
organisiert und kräftig mit teils schweren Sturmböen (in 850 hPa bis 65 Kt!).
Starkregen dürfte bei der raschen Verlagerung wenig wahrscheinlich sein.

Bei sich sogar noch verschärfendem Gradienten bleibt der Wind, bzw. Sturm aber
auch sonst großes Thema. Verbreitet muss auch abseits der Konvektion mit steifen
bis stürmischen Böen gerechnet werden, vorübergehend sind auch Sturmböen dabei.
In Gipfellagen ist schwerer Sturm, vereinzelt Orkan zu erwarten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Entwicklung recht ähnlich. Es gibt aber vor allem im
Hinblick auf die sich abzeichnende Sturmlage zum Donnerstag hin, noch einige
Timing und Intensitätsschwankungen, den Sturm auf der Karte haben aber alle
Modelle und er zeichnet sich auch in den probabilistischen Verfahren ab. COSMO
Leps, ECM EPS, ICON EPS haben ab der Nacht zum Donnerstag steigen
Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen teils bis in tiefe Lagen im Programm.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner