DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-10-2021 07:01
SXEU31 DWAV 120800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 12.10.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Nz/Na, Donnerstag Übergang zu NWa/NWz
Unbeständig mit häufigen, aber nicht warnrelevante Niederschlägen, an den Alpen
kommende Nacht Schnee bis 1000 m. Zeitweise windig, an den Küsten und auf
einigen Gipfeln ab Donnerstagabend stürmische Böen oder Sturmböen.


Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... ist das Strömungsmuster über dem nahen Ostatlantik und Europa noch
stark meridional geprägt. Einem umfangreichen und langwelligen Höhenrücken, der
sich von der Iberischen Halbinsel bis nach Island erstreckt, steht ein
Langwellentrog gegenüber, der etwa von Spitzbergen über Skandinavien hinweg bis
ins östliche Mitteleuropa reicht. Daraus resultiert über dem Vorhersagegebiet
eine kräftige nordnordwestliche Höhenströmung. Aufgrund eines von Südschweden
bis zum Abend nach Nordpolen ziehenden kurzwelligen Randtroges ist diese
überwiegend zyklonal konturiert. Trogvorderseitig kann aufgrund von PVA
dynamische Hebung wirksam werden und somit ist auch im Bodenfeld ein Trog
auszumachen, in dem eine Kaltfront eingebettet ist, die aktuell bereits das
Norddeutsche Tiefland überquert hat, weiter nach Süden vorankommt und am Abend
in etwa Mosel und Main erreicht. Vor allem unmittelbar präfrontal und mit
Frontpassage wird sie begleitet von schauerartigen Regenfällen, dabei werden bis
zum Abend in den Staulagen einiger westlicher und zentraler Mittelgebirge Mengen
über 10 l/qm simuliert, sonst meist um 5 l/qm. Mit Annäherung des
Kurzwellentroges ist die Luftmasse bereits bei Frontpassage indifferent bis
leicht labil geschichtet (etwa -23 Grad im Westen und -27 Grad nach Osten zu in
500 hPa bei um oder etwas über 0 Grad in 850 hPa), somit sind im Zusammenspiel
mit der frontalen Hebung auch einige kurze Graupelgewitter - begleitet von Böen
Bft 7, bei organisierten Strukturen Bft 8 nicht ausgeschlossen - möglich.
Postfrontal gelangt ein Schwall maritimer Polarluft nach Norddeutschland (T850
hPa zwischen 0 Grad im Nordwesten und -2 Grad im Nordosten, die vor allem nach
Osten zu in Trognähe (um -30 Grad in 500 hPa über Rügen) hochreichend labil
geschichtet ist, aufgrund des Überströmens des Norwegischen Gebirges nordöstlich
der Elbe aber auch deutlich abtrocknet (PPW-Werte nahe 10 mm). Somit setzt sich
vor allem im Norden und Osten von Schleswig-Holstein sowie in Westmecklenburg
bis nach Nordbrandenburg bzw. ins nördliche Sachsen-Anhalt durch den
Skandinavienföhn häufig die Sonne durch und es gibt nur vereinzelte Schauer oder
kurze Gewitter. Richtung Ostvorpommern, aber auch im Nordwesten - hier sorgt die
Überströmung über die Nordsee für eine Feuchteanreicherung in der Grundschicht -
treten dagegen etwas häufiger kurze Schauer auf, die ebenfalls vereinzelt von
Graupelgewittern begleitet werden.
Präfrontal reicht - ausgehend von einem umfangreichen und kräftigen, durch den
Rücken gestützten Hochdruckgebiet mit Schwerpunkt bei Irland - ein Hochkeil über
Frankreich hinweg nach Süddeutschland, so dass sich die vorlaufende Kaltfront
eines Tiefs über Nordskandinavien, die in der vergangenen Nacht die Alpen
erreicht hat, dort weitgehend aufgelöst hat. Dieser Keil erweist sich aber als
kaum wetterwirksam und mit Annäherung der nächsten Kaltfront wird er rasch
abgebaut. Bereits weit präfrontal hat sich, unterstützt durch WLA, ein
Regengebiet entwickelt, das aktuell auf Süddeutschland übergegriffen hat. Die
Mengen bleiben aber mit 1 bis 5 l/qm, gebietsweise auch knapp darüber, bis zum
Abend gering, in Südbaden und im südlichen Oberrheingraben kommt kaum mehr etwas
an. Die Schneefallgrenze an den Alpen sinkt allmählich auf knapp unter 1500 m,
darüber können bis zum Abend ein paar Zentimeter Neuschnee fallen.
Anzusprechen bleibt noch der Wind. Dieser frischt mit Frontpassage vorübergehend
aus Nordwest auf, erreicht aber lediglich in Schauer- und Gewitternähe in Böen
Bft 6 bis 7. Postfrontal kann es an den Küsten noch einzelne steife Böen geben,
auf einigen Mittelgebirgsgipfeln auch stürmische Böen (Bft 8). Auf den
Alpengipfeln frischt der Wind erst gegen Mittag/Nachmittag aus Nordwest bis Nord
auf, dann sind auch dort einzelne stürmische Böen möglich.
Die Sonne dürfte sich in der Mitte und im Süden kaum zeigen, meist bleibt es
dort stark bewölkt bis bedeckt. Die Höchsttemperaturen erreichen Werte zwischen
10 und 13 Grad, mit Sonne im Norden gebietsweise auch etwas darüber, am Nordrand
der Mittelgebirge und der Alpen dagegen nur 7 bis 10 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich der Kurzwellentrog weiter südostwärts,
wodurch sich der gesamte Langwellentrog bis zum Balkan bzw. zur Adria ausweitet.
Die Strömung über dem Vorhersagegebiet steilt dadurch noch etwas auf. Mit
besserer Schubkomponente ausgestattet kommt die Kaltfront über Süddeutschland
nun rasch nach Süden voran und erreicht bereits gegen Mitternacht die Alpen. Die
Achse des sich langsam den Britischen Inseln annähernden Höhenrückens "kippt"
aufgrund eines beginnenden Trogvorstoßes nördlich von Island etwas nach Südosten
und stützt nach wie vor das kräftige Hochdruckgebiet bei den Britischen Inseln,
das seinen Schwerpunkt wiederum allmählich nach Südwestengland verlagert. Der
von ihm ausgehende, nach Osten gerichtete Bodenhochkeil kann sich nach
Frontpassage wieder verstärken und nach Südwestdeutschland ausweiten, wodurch
die Grundströmung verstärkt gegen die Alpen gerichtet ist. Da auch in der Höhe
(vor allem 700 hPa) die Strömung etwas mehr auf Nord dreht, stellt sich nach
Frontpassage an den Alpen vorübergehend eine Staulage ein und die Niederschläge
intensivieren sich. Bis Mittwochfrüh werden bis ins südliche Alpenvorland Mengen
zwischen 10 und 15 l/qm, im Stau auch um 20 l/qm, im westlichen Oberallgäu
kleinräumig sogar bis nahe 30 l/qm in 12 Stunden simuliert. Dabei sinkt die
Schneefallgrenze postfrontal (bei -2 Grad in 850 hPa in den Frühstunden) auf
nahe 1000 m, in windschwachen Tälern eventuell auch etwas darunter. Da mit dem
Eintreffen der kältesten Luftmasse die Niederschläge bereits etwas an Intensität
eingebüßt haben, halten sich die Neuschneemengen in den mittleren Höhenlagen
allerdings in Grenzen. Oberhalb von 1500 m können durchaus 10 bis 20 cm
Neuschnee zusammenkommen, in einigen stauexponierten Lagen auch mehr. Oberhalb
von 1000 m sind es aber meist 1 bis 5 cm, in exponierten Lagen um 10 cm.
Im Rest des Landes macht sich aufgrund von NVA verstärkt Absinken bemerkbar und
beginnende WLA vorderseitig des Höhenrückens sorgt von der Nordsee her vor allem
über Norddeutschland für deutliche Stabilisierung. Somit klingen die
Niederschläge von Norden her rasch ab, wobei in den Kammlagen des Erzgebirges
und Bayerischen Waldes, vielleicht auch im Hochschwarzwald vorher noch etwas
Schnee fallen kann. Vor allem in Norddeutschland bleibt es aufgelockert, teils
gering bewölkt, ehe unterhalb einer sich verstärkenden Absinkinversion (in 700
hPa) Nordseestratus in den Nordwesten vordringen kann. Der Wind schwächt sich
weiter ab, lediglich auf exponierten Alpengipfeln gibt es noch stürmische Böen.
Mit Intensivierung des Bodenhochkeils verschärft sich allerdings morgens der
Gradient wieder im Nordwesten, aber selbst über der Nordsee dürfte es nicht für
warnrelevante Böen reichen. Die Tiefstwerte liegen meist zwischen 6 und 1 Grad,
im Nordseeumfeld bleibt es etwas milder, bei Aufklaren kann es vor allem in der
Norddeutschen Tiefebene (z.B. Lüneburger Heide) leichten Frost, zumindest aber
Bodenfrost geben. Die Nebelwahrscheinlichkeit bleibt aber eher gering.

Mittwoch... kommt der Höhenrücken über den Britischen Inseln etwas nach Osten
voran und wird durch den Trogvorstoß bei Island von Norden her allmählich
"abgehobelt". Die Rückenachse erstreckt sich über die nördliche Nordsee
nordostwärts, wird von kräftiger mitteltroposphärischer WLA überlaufen, die auch
auf weite Teile des Vorhersagegebietes übergreift und somit ist auch die
nördliche Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet zunehmend antizyklonal
konturiert.
Im Bodenfeld verstärkt sich der nach Süddeutschland gerichtete Hochkeil, bis zum
Abend etabliert sich sogar eine eigenständige Hochdruckparzelle über
Südwestdeutschland. Somit klingen die Niederschläge an den Alpen weiter ab, mit
der nordnordwestlichen Anströmung bleibt es aber meist trüb mit leichten
Niederschlägen im Stau vor allem nach Osten zu, wobei die Schneefallgrenze
wieder ansteigt. Ganz im Osten und Südosten halten sich noch die Reste labiler
Luftmassen des sich nur langsam nach Osten verlagerndes Höhentroges. Dort können
sich mit der Einstrahlung im Tagesverlauf erneut einzelne kurze Schauer
ausbilden, am ehesten wohl von Ostvorpommern bis Ostsachsen und vielleicht noch
im ostbayerischen Mittelgebirgsraum. Auf den Nordwesten greift dagegen zum
späten Nachmittag bzw. Abend hin die Warmfront eines Wellentiefs bei Island
über. Bereits im Vorfeld verdichten sich die Wolkenfelder und greifen auch auf
den Westen und die Mitte des Landes über. Vor allem am Nachmittag fällt auch
etwas Regen, am ehesten vom Nordseeumfeld bis in den zentralen
Mittelgebirgsraum, die Mengen sind aber gering. Mit Annäherung der Warmfront
verschärft sich der Gradient im Norden und in der Mitte wieder etwas, allerdings
reicht es auch im Nordseeumfeld und auf den Bergen nicht für warnrelevante Böen.

Die Sonne zeigt sich am ehesten in der Osthälfte, aber zeitweise auch im
Südwesten. An den Höchstwerten ändert sich, auch, wenn die Luftmasse
niedertroposphärisch wieder ein wenig milder wird (bis zum Abend zwischen +3
Grad im Nordwesten und -1 Grad im Südosten) gegenüber dem Vortag nur wenig.

In der Nacht zum Donnerstag dringt der Höhentrog ins Seegebiet zwischen Island
und Schottland vor, wodurch die Höhenströmung über Nord- und Nordwesteuropa
beginnt zu zonalisieren. Der Höhenrücken wird weiter abgebaut und der über die
Nordsee nach Ostnordost gerichtete Höhenkeil nach Süden abgedrängt, so dass er
in den Frühstunden mit seiner Achse bereits auf den äußersten Norden
Deutschlands übergreift. Dabei bleibt nach wie vor markkante WLA über dem
Vorhersagegebiet aktiv, verstärkt sich sogar noch und arbeitet sich allmählich
auch in die niedere Troposphäre vor.
Sie stützt im Bodenfeld nach wie vor die Warmfront des sich trogvorderseitig
deutlich vertiefenden und zur Norwegischen See ziehenden Tiefs. Die Warmfront
kommt über dem Norden und die Mitte des Landes allmählich nach Osten voran und
erreicht morgens in etwa eine Linie Rügen-Pfalz. Vor allem präfrontal
intensivieren sich die Regenfälle und weiten sich nach Süden aus, wobei ICON-EU
in etwa vom südöstlichen Schleswig-Holstein bis nach Südthüringen mit 4 bis 8
l/qm die höchsten Mengen simuliert. Im Warmsektor im Westen und Nordwesten
regnet es dagegen kaum mehr, im Südwesten sowie an den Alpen bleibt es im
Einflussbereich der sich nur zögernd abschwächenden Hochdruckbrücke wohl auch
komplett trocken.
Mit Frontpassage und im Warmsektor verschärft sich der Gradient im Norden, Osten
und in der Mitte noch etwas, angesichts der stabilen Schichtung hält sich die
Windzunahme aber in Grenzen. Lediglich im Nordseeumfeld reicht es eventuell für
einzelne steife Böen aus West bis Nordwest, auf dem Brocken eventuell für
Sturmböen.
Im Großteil des Landes verhindert die dichte Bewölkung einen deutlichen
Temperaturrückgang, lediglich im Südwesten sowie an den Alpen bleibt es teils
gering bewölkt, so dass es hier örtlich Nebel und in ungünstigen Lagen auch
leichten Frost oder Bodenfrost geben kann.

Donnerstag... kommt der inzwischen markante Höhentrog über dem Nordmeer und
südlich von Island allmählich nach Südosten voran und greift auch auf die
Norwegische See, zum Abend hin auf den Norden Schottlands und die nördliche
Nordsee über. Der vorgelagerte Höhenrücken wird noch ein wenig nach Süden
abgedrängt und befindet sich mit seiner Achse morgens in etwa über der
Norddeutschen Tiefebene.
Das mit dem Trog korrespondierende Bodentief vertieft sich noch etwas und zieht
bis zum Abend zur norwegischen Küste knapp südlich der Haltenbank. Die Warmfront
erreicht im Tagesverlauf Polen und Tschechien, die Kaltfront hat dann die
nördliche Nordsee überquert. Im Warmsektor gelegen, schwächt sich die über
Süddeutschland zonal verlaufende Hochdruckbrücke nur zögernd ab, selbst am Abend
befindet sich noch eine kleine abgeschlossene Hochdruckparzelle mit etwa 1025
hPa über dem Nordalpenraum. Somit verschärft sich im Norden und der Mitte des
Landes der Gradient noch etwas und es gibt im Nordseeumfeld häufiger steife Böen
aus West, auf dem Brocken und dem Fichtelberg vermehrt stürmische Böen oder
Sturmböen.
Das an die Warmfront gekoppelte Regengebiet greift weit nach Süden aus und
erfasst auch noch Ostbayern, wobei ICON-EU nach wie vor mit teilweise mehr als 5
l/qm, im Westerzgebirge sowie im Oberpfälzer Wald in Staulagen auch bis über 10
l/qm die höchsten Mengen simuliert (GFS und IFS allgemein weniger als 5 l/qm).
In Südostbayern dauern die Regenfälle auch bis zum Abend an, während sie sonst
im Warmsektor rasch wieder abklingen. Im Südwesten kann sich im Tagesverlauf
sogar verbreitet die Sonne durchsetzen, ansonsten bleibt es aber meist wolkig
bis stark bewölkt, in der Osthälfte vielerorts auch komplett bedeckt. Dabei
gelangt milde Meeresluft subpolaren Ursprungs ins Vorhersagegebiet, in 850 hPa
steigt die Temperatur auf Werte zwischen 2 Grad in den östlichen Mittelgebirgen
bzw. im Südosten und 8 Grad im Emsland. Das lässt Höchstwerte zwischen 8 Grad in
den ostbayerischen Mittelgebirgen und 16 Grad mit etwas Sonne im Westen
erwarten.

In der Nacht zum Freitag überquert der markante Höhentrog die Nordsee und
erreicht morgens Südskandinavien bzw. die Deutsche Bucht. Die Kaltfront des zur
mittleren Ostsee ziehenden und sich noch ein wenig vertiefenden Tiefs zieht über
die Nordsee rasch südostwärts und greift morgens mit schauerartigen Regenfällen
auf Norddeutschland über. Dabei legt der Wind vor allem mit Frontpassage
deutlich zu und dreht von West auf Nordwest. An den Küsten gibt es dann
stürmische Böen, vereinzelt auch Sturmböen, im küstennahen Binnenland zumindest
steife Böen. Weiter landeinwärts spielt der Wind warntechnisch aber (noch) keine
Rolle, lediglich auf dem Brocken und zunehmend auch auf dem Fichtelberg gibt es
Sturmböen.
In der Mitte und im Süden bleibt es im Warmsektor dagegen noch weitgehend
trocken und vor allem im Südwesten sowie südlich der Donau aufgelockert bis
gering bewölkt. Dort kann sich Nebel bilden und gebietsweise tritt auch leichter
Frost oder Bodenfrost auf.



Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren eine sehr ähnliche Wetterentwicklung,
anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine warn- und
prognoserelevanten Unterschiede herausarbeiten.
Die Niederschläge an der Warmfront in der Nacht zum und am Donnerstag werden vom
ICON-EU intensiver simuliert als vom GFS und IFS, bewegen sich aber weit abseits
jeglicher Warnrelevanz.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff