DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

07-09-2016 09:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 07.09.2016 um 10.30 UTC



Freundliches und warmes Spätsommerwetter mit kleinen "Schönheitsfehlern" am
Wochenende.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 14.09.2016


Die Großwetterlage zu Beginn der Mittelfrist, also am kommenden Wochenende,
lässt sich am ehesten noch mit dem Typus "Südwest antizyklonal" titulieren.
Einem umfangreichen nordatlantischen Höhentrog mit Drehzentrum in etwa über dem
isländischen Raum steht ein Höhenrücken über dem europäischen Kontinent
gegenüber, der sich am Samstag, 12 UTC sowohl in 500 als auch in 300 hPa mit
seiner Achse vom östlichen Mitteleuropa bis zur Barentssee erstreckt. Bis
Sonntag, 18 UTC verlagert sich der Rücken mit seinem Südteil etwas nach Osten
und - ausgehend vom Nordatlantiktrog - kann ein kurzwelliger Anteil von
Südwesten her Norddeutschland überqueren, verliert dabei aber zunehmend an
Kontur. Ihm folgt ein flacher Rücken, der sich Sonntagabend knapp westlich von
uns befindet.
Im Bodenfeld weitet sich bereits am Samstag eine flache Tiefdruckrinne bis nach
West- und Süddeutschland aus und überquert das Vorhersagegebiet bis
Sonntagmittag ostwärts. Mit ihr gelangt ein Schwall potenziell instabiler und
weiterhin sehr warmer Luft (12 bis 16 Grad in 850 hPa) am Samstag zunächst in
den Süden und Westen des Landes, in der Nacht zum und am Sonntag dann auch in
die Osthälfte. Dabei entwickeln sich bei weiterhin spätsommerlichen Höchstwerten
am Samstag vor allem im Westen und im Bergland, am Sonntag dann in der Osthälfte
einzelne Schauer und Gewitter, die eventuell auch kräftiger ausfallen können.
Frontale Niederschläge sind dagegen eher weniger zu erwarten, am ehesten noch im
Norden.
In zwei Staffeln (vorlaufende Konvergenz und Kaltfront) wird diese potenziell
instabile Luftmasse bis Sonntagabend dann aus dem Vorhersagegebiet wieder
verdrängt und vor allem im Nordwesten durch nicht mehr ganz so warme Meeresluft
(Temperatur in 850 hPa zwischen 8 Grad im Nordwesten und 13 Grad im Südosten)
ersetzt. Gleichzeitig weitet sich ein flacher Bodenhochkeil auf weite Teile des
Landes aus.

Am Montag verstärkt sich der Höhenrücken und weitet sich über Mitteleuropa
weiter nach Nordosten auf. Auch das Bodenhoch legt noch etwas zu, wobei sich
dessen Schwerpunkt bis Dienstagfrüh über Deutschland hinweg nach Polen
verlagert. Bis auf einzelne kurze Schauer oder Gewitter im südostdeutschen
Mittelgebirgsraum bzw. an den Alpen dürfte ein störungsfreier Tag ins Haus
stehen bei einem weiterhin spätsommerlichen Temperaturniveau (11 bis 15 Grad in
850 hPa).

Am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch wird der Höhenrücken über Mitteleuropa
nach Südwesten abgedrängt, die Frontalzone über Nordeuropa kann sich ein wenig
nach Süden ausweiten und bis Mittwochfrüh wird der äußerste Norden Deutschlands
von einem flachen Kurzwellentrog überquert. Vorderseitig des Troges erreicht die
Kaltfront eines Nordmeertiefs am Dienstagabend eventuell noch die Deutsche
Bucht, kommt aber kaum weiter nach Süden voran und schwächt sich mehr und mehr
ab, da sich von Westen her dann bereits wieder der Hochdruckeinfluss verstärkt.
Somit dominiert auch am Dienstag freundliches Spätsommerwetter, wobei die
Temperaturen sogar noch ein wenig ansteigen. Die Kaltfront selbst bringt dann
wohl keine nennenswerten Niederschläge, postfrontal wird aber bis Mittwochfrüh
etwas kühlere Nordseeluft in den Norden advehiert.

Am Mittwoch verbleibt der äußerste Norden des Landes am Südrand der Frontalzone,
weiter südlich bleibt der Höhenrücken wetterwirksam. Insgesamt verstärkt sich
nach Abzug des flachen Kurzwellentroges im Bodenfeld erneut der
Hochdruckeinfluss. Die Kaltfront bleibt über Norddeutschland quasistationär und
löst sich wohl auf, nennenswerte Niederschläge werden an ihr keine simuliert.
Nördlich der Front liegen die Temperaturen in 850 hPa über Norddeutschland
zwischen 7 und 10 Grad, im Süden und in der Mitte bleibt es bei Werten zwischen
11 und 15 Grad in 850 hPa weiterhin sommerlich warm.

In der erweiterten Mittelfrist ändert sich zunächst nur wenig an der recht weit
nach Norden verschobenen Frontalzone, wobei lediglich die Nordhälfte von
schwachen, wenig wetterwirksamen Kurzwellentrögen gestreift wird. Erst zum
übernächsten Wochenende hin deutet sich eine markantere Austrogung zumindest
über Westeuropa an.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Dem aktuellen 00 UTC-Lauf des ECMWF kann zunächst eine gute Konsistenz zu seinen
Vorgängern bescheinigt werden. Der Kurzwellentrog am Sonntag wurde allerdings
vor allem im gestrigen 00 UTC-Lauf geringfügig stärker simuliert, was aber kaum
prognoserelevante Auswirkungen hat.
Zu Wochenbeginn hatte der gestrige 00 UTC-Lauf eine stärkere Austrogung über
Osteuropa auf der Karte, wodurch der nachfolgende Höhenrücken etwas verzögerter
auf Mitteleuropa übergriff als im gestrigen 12 UTC- bzw. heutigen 00 UTC-Lauf.
Dadurch wurde das Bodenhoch am Montag und Dienstag etwas stärker simuliert als
im heutigen Lauf und auch die schwache Kaltfront, die in der Nacht zum Mittwoch
auf Norddeutschland übergreift, folgte erst am Mittwoch tagsüber und hat auch
nur den Nordosten tangiert.
Prognoserelevant sind diese Differenzen zum Vorlauf allerdings kaum.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die Passage des Kurzwellentroges am Samstag und Sonntag wird vom ICON markanter
und weiter nach Süden ausgreifend simuliert als vom ECMWF, im GFS ist der Trog
dagegen noch schwächer ausgeprägt, GEM ähnelt wiederum dem ECMWF. Das schlägt
sich auch in den Niederschlagssimulationen nieder. Die verbreitetsten
Niederschläge hat ICON auf der Karte, wobei das ECMWF dem nur wenig nachsteht.
GFS simuliert dagegen deutlich weniger.
Am Montag und Dienstag lassen sowohl ICON als auch das GFS den Höhenrücken
deutlich weiter nach Norden aufwölben, so dass sich am Dienstag die
Großwetterlage "Hoch Mitteleuropa" (ICON) bzw. Südwest antizyklonal (GFS)
ergibt, während die ECMWF- Version eher dem Typus "West antizyklonal"
entspricht. Das GEM hat dabei eine ähnliche Version wie das GFS auf der Karte.
Danach werden die Unterschiede deutlich größer. Während es ECMWF auch am
Mittwoch ja bei "West antizyklonal" belässt, wird nach GFS zumindest
Norddeutschland von Westen her von einem recht markanten Trog überquert, GEM
zeigt nur einen flachen, in die südwestliche Höhenströmung eingebetteten
Kurzwellentrog.
ICON dagegen belässt es bei der Großwetterlage Hoch Mitteleuropa, wobei sich der
Höhenkeil sogar noch verstärkt.
Bis Freitag simulieren dann alle vorliegenden Modelle - mit für den langen
Zeitraum nur erstaunlich geringen Modelldifferenzen - eine antizyklonale West-
bis Südwestlage.

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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Clusterung des ECMWF zeigt im Zeitraum 72 bis 96 Stunden 4 Cluster (jeweils
19, 15, 12, 5 Member), die sich für Mitteleuropa zunächst kaum unterscheiden.
Erst zum Sonntag hin deutet Cluster 4 - ähnlich wie der deterministische Lauf
des ICON - einen etwas markanteren Trogdurchgang als vom Hauptlauf simuliert an,
Cluster 3 hat dagegen - ähnlich wie das GFS - ein schwächeres Szenario auf der
Karte.
Im nächstfolgenden Zeitraum verteilen sich die Ensembleläufe auf 3 Cluster
(jeweils 22, 19 und 10 Member mit Haupt- bzw. Kontrolllauf in Cluster 2). Einzig
Cluster 2 lässt die Frontalzone bis Mittwoch - wie im Hauptlauf - etwas weiter
nach Süden, bis ins nördliche Mitteleuropa ausgreifen, wobei zu Wochenmitte
schwache Tiefausläufer den äußersten Norden Deutschlands streifen könnten. In
Cluster 1 bleibt der südwesteuropäische Höhenrücken - ähnlich wie im ICON - auch
am Mittwoch noch nach Mitteleuropa gerichtet, Cluster 3 zeigt sogar einen
markanten Höhenrücken, der sich über Mitteleuropa hinweg weit nach Nordeuropa
aufwölbt.
Die erweiterte Mittelfrist (192 bis 240 Stunden) zeigt zwei Cluster, wobei sich
die Member recht gleichmäßig auf beide Cluster verteilen. Cluster 1 lässt einen
Trog über Westeuropa nach Süden austropfen, womit über Mitteleuropa ein
markanter und weit nach Norden reichender Höhenrücken, der sich nur sehr zögernd
nach Osten verlagert, für Deutschland wetterbestimmend bleiben würde.
Cluster 2 hingegen spiegelt hingegen ganz gut die vom Hauptlauf präferierte
Wetterentwicklung wider mit einer recht weit nach Norden verschobenen
Frontalzone und somit einer eher antizyklonal geprägten West- später
Südwestlage.

In der Rauchfahne Offenbach fällt auf, dass es am Sonntag einige recht "kalte
Ausreißer" gibt mit Temperaturen in 850 hPa um 5 Grad. Diese entsprächen dem vom
ICON und vom Cluster 4 präferierten markanteren Trogdurchgang. Das Gros der
Läufe bewegt sich aber in einem recht engen Spread zwischen 13 und 16 Grad am
Samstag und 10 bis 14 Grad am Sonntag, auch die Niederschlagssignale fallen
recht spärlich aus.
Am Montag steigen die 850 hPa-Temperaturen wieder etwas an, die meisten Member
bewegen sich dann bis Donnerstag im Bereich 12 bis 16 Grad (Hauptlauf um 13
Grad), wobei es ab Mittwoch aber vermehrt Ausreißer nach unten gibt. Die
Niederschlagssignale nehmen in der zweiten Wochenhälfte generell etwas zu.
Einen ähnlichen Verlauf haben auch die ENS des GFS auf der Karte.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI liefert - außer für hohe Temperaturen am Samstag und am Dienstag - keine
Hinweise für außergewöhnliche Wettererscheinungen.

Am Wochenende steigt vorübergehend die Gewittergefahr, wobei dann lokal eng
begrenzt Starkregen und kleinkörniger Hagel auftreten kann. Die
deterministischen Modellläufe geben aber keinerlei Hinweise auf großräumigere
Starkregenereignisse und auch die probabilistischen Verfahren zeigen - wenn
überhaupt - allerhöchstens punktuell (Schwarzwald, Alpen) geringe
Wahrscheinlichkeiten (unter 10 %) für mehr als 20 mm in sechs Stunden, am
ehesten in der Nacht zum Sonntag.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOXMIX, EZMW-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff