DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-09-2021 07:01
SXEU31 DWAV 240800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 24.09.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wa, Sonntag Übergang zu Sz
Heute an der Ostsee und auf einigen Gipfeln noch stürmische Böen, sonst zunächst
ruhige Hochdruckrandlage. In der Nacht zum Sonntag im Südwesten erste Gewitter,
am Sonntag bis in die Mitte ausbreitend und teils kräftig, aufgrund von
Starkregen Unwetter nicht ausgeschlossen.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... verläuft die Frontalzone vom mittleren Nordatlantik kommend über das
Seegebiet südlich von Island und die Norwegische See ostsüdostwärts und mündet
über Osteuropa in einen sich vom Grenzgebiet Weißrussland/Ukraine allmählich
nach Südwestrussland verlagernden Höhentrog. An der Südflanke der Frontalzone
gelegen, dominiert innerhalb der westnordwestlichen Höhenströmung vor allem über
dem Norden und Osten Deutschlands Warmluftadvektion. Diese einen breiten, aber
recht flachen Rücken, der sich vom westlichen Mittelmeerraum über Frankreich
bzw. Südwestdeutschland sowie dem Süden der Britischen Inseln bis zum
Ostatlantik reicht und wiederum flankiert wird von einem Cut-Off-Tief mit
Drehzentrum unmittelbar vor der Atlantikküste Galiziens.
Im Bodenfeld stützt der Rücken wiederum eine Hochdruckzone, die vom zentralen
Mittelmeerraum bzw. Balkan über Süddeutschland und Frankreich bis zu den Azoren
reicht. Somit dominiert über dem Süden des Vorhersagegebietes Absinken und auch
die WLA weiter nördlich reicht nicht bis dorthin, so dass vor allem von der
Südpfalz bis nach Niederbayern und weiter südlich ein sonniger bzw. nur gering
bewölkter Tag ins Haus steht.
Anders im Norden und in der Mitte: Dort sorgt die WLA für den Durchzug dichterer
Wolkenfelder. Dabei hat die Kaltfront des ehemaligen Sturmtiefs über dem
Baltikum, das sich bis zum Abend zögernd ins Grenzgebiet Russland/Belarus
verlagert und sich etwas auffüllt, inzwischen das Erzgebirge erreicht, wird von
dort aus aber rückläufig und geht über in die Warmfront eines vom Seegebiet
südöstlich von Island zur Norwegischen See ziehenden Tiefs. Diese erweist sich
als recht progressiv und hat bis zum Abend das Vorhersagegebiet bereits ostwärts
überquert. Im Warmsektor hat sich eine flache Frontalwelle entwickelt, die über
England hinweg zur Nordsee zieht, sich dabei aber rasch abschwächt.
Da die WLA nicht dynamisch durch PVA gestützt wird, sind keine nennenswerten
Hebungsprozesse auszumachen, entsprechend sind auch mit Frontpassage sowie im
Warmsektor maximal nur leichte Niederschläge - oft in Form von Nieselregen - zu
verzeichnen, die keine nennenswerten Mengen bringen. Lediglich im Bereich der
Kaltfront hat es am Thüringer Wald und am Westerzgebirge etwas kräftiger
geregnet, wobei hier auch die Staukomponente zum Tragen kam. Inzwischen klingen
diese aber ab.
Im Warmsektor gelangt allerdings niedertroposphärisch recht feuchte Luft in den
Norden und in die Mitte des Landes, so dass es überwiegend stark bewölkt,
gebietsweise auch bedeckt und trüb bleibt. Diese dichte Bewölkung könnte auch
noch bis in den ostbayerischen Mittelgebirgsraum reichen.
Von Warnrelevanz ist somit lediglich der Wind. Nach Abzug des Tiefs Richtung
Baltikum ist der Gradient allerdings gegenüber gestern schon deutlich
aufgefächert, bleibt allerdings vor allem im Vorfeld des Warmsektors noch scharf
genug für steife Böen (Bft 7) aus West an den Küsten sowie im küstennahen
Binnenland. Entlang der vorpommerschen Küste sowie auf Fehmarn kann es anfangs
auch stürmische Böen (Bft 8) geben. Gleiches gilt auch für die Gipfellagen der
nördlichen und östlichen sowie der ostbayerischen Mittelgebirge und auch für die
Alpengipfel, exponiert sind auch Sturmböen (Bft 9) möglich. Im Süden lässt der
Wind allerdings bereits am Vormittag nach, nachmittags und abends flaut er dann
auch weiter nördlich von Westen her allmählich ab.
Niedertroposphärisch gelangt von Westen her im Warmsektor sehr milde Luft ins
Vorhersagegebiet, in 850 hPa steigt die Temperatur bis zum Abend auf 8 bis 10
Grad, im Südwesten und äußersten Süden sogar auf 11 bis 14 Grad. Angesichts der
fortgeschrittenen Jahreszeit kann diese Luftmasse nicht mehr bis ganz nach unten
durchmischen, dennoch reicht es im Süden und Südwesten für spätsommerliche 20
bis 25 Grad und auch im übrigen Land bleibt es trotz oft dichter Wolken mit 16
bis 22 Grad mild.

In der Nacht zum Samstag wölbt sich der Höhenrücken mit beginnender Austrogung
südwestlich von Island durch trogvorderseitige WLA über West- und Nordwesteuropa
etwas auf und kommt mit seiner Achse langsam ostwärts voran. Morgens reicht sie
über Südwestdeutschland und Belgien bis zur südwestlichen Nordsee und von dort
aus weiter nach Norden bis zur Norwegischen See.
Im Bodenfeld interagiert die Frontalwelle mit einem sich bereits in den
Abendstunden am Okklusionspunkt des Tiefs über der Norwegischen See
entwickelnden Teiltief über dem Oslo-Fjord, das rasch über die mittlere Ostsee
zum Finnischen Meerbusen zieht. Die Kaltfront des Tiefs erreicht morgens die
mittlere Nordsee, kommt dort aber mangels Schubkomponente kaum mehr nach Süden
voran und zeigt bei zunehmendem Hochdruckeinfluss auch Auflösungstendenzen.
Die Hochdruckzone im Bodenfeld kann sich über Süddeutschland noch etwas
verstärken, zusätzlich schenkt von England her ein flacher Hochkeil zur Nordsee.
Somit fächert der Gradient weiter auf und der Wind lässt nach, morgens reicht es
wohl lediglich rund um Rügen noch für warnrelevante Böen, wenn überhaupt.
Während die Wolken mit zunehmendem Hochdruckeinfluss auch in der Mitte weiter
auflockern, bleibt es im Norden meist stark bewölkt bis bedeckt, stellenweise
fällt etwas Regen oder Nieselregen, am ehesten wohl in Schleswig-Holstein und in
Vorpommern. Im Süden und Südwesten bleibt es gering bewölkt oder wolkenlos und
insgesamt windschwächer als in der vergangenen Nacht, zudem nimmt die Feuchte
etwas zu. Somit dürften sich dort ausgedehntere Nebelfelder als in den
Vornächten ausbilden, auch die entsprechenden MOS-Wahrscheinlichkeiten schlagen
in diese Kerbe.
In der Nordhälfte bleibt es unter den oft dichten Wolken mit Minima zwischen 15
und 11 Grad mild, sonst kühlt es auf 11 bis 5 Grad ab, in den süddeutschen
Mittelgebirgen sowie in den Alpentälern auch darunter, Bodenfrost (in den
klassischen Kältelöchern auch Luftfrost) nicht ausgeschlossen.

Samstag... gerät die Frontalzone mit der Austrogung über dem mittleren
Nordatlantik deutlich ins Mäandrieren, durch kräftige WLA wölbt sich der
vorgelagerte Höhenrücken weiter auf, kommt dabei nur zögernd nach Osten voran
und reicht mit seiner Achse am Abend über den Osten des Vorhersagegebietes und
die Nordsee nordnordwestwärts bis zur Norwegischen See. Das Höhentief über
Galizien wird vom sich nach Süden ausweitenden Höhentrog allmählich
"eingefangen", nimmt etwas an Fahrt auf und erreicht abends die Biskaya. Auf
dessen Vorderseite dreht die Höhenströmung über Frankreich und später auch
Südwestdeutschland auf Südwest und ist zunehmend diffluent konturiert,
nennenswerte Hebungsprozesse durch kurzwellige Troganteile sind aus den
Modellfeldern aber noch nicht herauszulesen.
Im Bodenfeld verlagert sich der Hochkeil über der Nordsee allmählich ostwärts
und wölbt sich nach Norden auf, während die Hochdruckbrücke über Süddeutschland
von Westen her abgebaut wird. Die Grundströmung dreht dadurch von Südwesten her
zögernd auf Südost. Die Kaltfront des weiter nach Karelien ziehenden Tiefs
greift von der Nordsee noch auf Norddeutschland über, schwächt sich aber weiter
ab u8nd kommt von dort aus nicht weiter nach Süden voran. In ihrem
Einflussbereich bleibt es im Norden, vor allem im Bereich der Norddeutschen
Tiefebene, weiterhin stark bewölkt, teils auch bedeckt, nach wie vor fällt aber
nur gebietsweise etwas Regen oder Nieselregen. Nördlich der Front können die
Wolken in Schleswig-Holstein sowie an der Ostsee später eventuell stärker
auflockern.
Ansonsten scheint aber vielerorts die Sonne, wobei es in einigen
Flussniederungen Süddeutschlands etwas dauern kann, bis sich die Nebelfelder
aufgelöst haben. Mit beginnendem Druckfall kann sich von Frankreich her
allmählich potenziell instabile und etwas feuchtere Luft bis nach
Südwestdeutschland vorarbeiten. Die ICON-D2-Prognosesoundings deuten zum frühen
Abend hin dort eine hochreichend labile, allerdings auch gedeckelte Schichtung
an, die PPW-Werte steigen im Schwarzwald bzw. in Südbaden auf über 20 mm, auch
etwas Cape wird simuliert. Ob es mit orographischer Unterstützung bereits für
erste Gewitter reicht, ist aber unklar, die konvektiven Modelle haben allerdings
noch keine auf der Agenda.
In 850 hPa steigt die Temperatur auf Werte zwischen 9 Grad im Nordosten und
sogar 16 Grad im Süden. Selbst unter den dichten Wolken im Norden wird es somit
mit 18 bis 22 Grad sehr mild bis warm. In der Mitte und im Süden werden dagegen
schon sommerlich anmutende 22 bis 26, am Oberrhein vielleicht sogar 27 Grad
erreicht.

In der Nacht zum Sonntag greift der Randtrog von der Biskaya auf den Westen
Frankreichs über. Auf dessen Vorderseite ist die Strömung über West- und
Südwestdeutschland zunehmend zyklonal konturiert, erste kurzwellige Troganteile
können bereits den Südwesten streifen und etwas dynamische Hebung triggern.
Gleichzeitig kommt die potenziell instabile Luftmasse ein wenig weiter
nordostwärts voran, ICON-D2 simuliert um 00 UTC vom Saarland bis zum Bodensee
und weiter südwestlich bereits 100 bis 500 J/kg MU-Cape. Trotz ungünstiger
Tages- und fortgeschrittener Jahreszeit könnte es dort somit eventuell noch für
einzelne Gewitter von Frankreich her reichen, wobei dann lokal eng begrenzt
Starkregen auftreten kann. Die Konvektion erlaubenden Modelle sind allerdings
diesbezüglich sehr defensiv aufgestellt, lediglich SuperHD hat im aktuellen Lauf
über Nordostfrankreich Gewitter auf der Agenda, die sich aber über dem Saarland
und der Südpfalz bereits zu "unelektrischen" Schauern abgeschwächt haben.
Im übrigen Land dominiert trotz voranschreitenden Druckfalls weiterhin der
Einfluss der sich ins östliche Mitteleuropa zurückziehenden Hochdruckzone. Reste
der ehemaligen Kaltfront sorgen - inzwischen als Warmfront geführt - im Norden
und Nordosten noch für teils dichte Wolkenfelder, die nur zögernd von Südwesten
auflockern, wobei im Südwesten wiederum hohe und mittelhohe Wolkenfelder
aufziehen. Dazwischen ist es aber auch teils gering bewölkt, stellenweise kann
sich Nebel bilden. Insgesamt fällt die Nacht vor allem im Südwesten milder aus
als die Vornacht.

Sonntag... weitet sich der Höhentrog über dem Ostatlantik westlich der
Britischen Inseln weiter nach Süden aus. Der vorgelagerte Randtrog kommt über
Frankreich nur noch zögernd nach Osten voran und verliert dabei auch an Kontur
und Wellenlänge. Vor allem über dem Südwesten und Westen Deutschlands kann auf
dessen Vorderseite nun aber auch dynamische Hebung wirksam werden. Der bisher
für uns wetterbestimmende Höhenrücken büßt ebenfalls an Wellenlänge ein und
reicht abends über das östliche Mitteleuropa und die Ostsee nordwärts bis nach
Nordskandinavien.
Im Bodenfeld kommt die Warmfront über dem Nordosten des Landes zusammen mit den
dichteren Wolkenfeldern nordostwärts voran, so dass sich auch im Norden und
Nordosten vermehrt die Sonne durchsetzen kann. Von Frankreich her greift eine
flache Tiefdruckrinne auf Südwestdeutschland über und erreicht bis zum Abend die
Mitte bzw. den Südosten. Damit arbeitet sich auch die potenziell instabile
Luftmasse weiter nordostwärts voran. Die PPW-Werte steigen im Westen, Südwesten
sowie in den mittleren Landesteilen auf über 30 mm, mit Einstrahlung können
gebietsweise mehr als 500 J/kg, eventuell auch bis nahe 1000 J/kg ML-Cape (GFS
sogar darüber) generiert werden.
Bereits aus der Nacht heraus greifen am Vormittag wohl vermehrt Schauer, teils
auch Gewitter auf den Südwesten des Landes über, schwächen sich vielleicht noch
vorübergehend ab, ehe sie sich ab mittags bzw. dem frühen Nachmittag wieder
verstärken und bis zum Abend wohl auch auf die mittleren Landesteile, den Westen
und zentralen Mittelgebirgsraum übergreifen. Ob es auch an den Alpen und im
Vorland für Gewitter reicht, ist noch unklar. Trotz vorangeschrittener
Jahreszeit und nur schwacher hochreichender Scherung (orographisch getriggert
ist aber lokal markante Low Level Shear nicht ausgeschlossen) sind durchaus
markante Entwicklungen ins Kalkül zu ziehen mit kleinkörnigem Hagel, Starkregen
und stürmischen Böen. Aufgrund der nicht allzu hohen Zuggeschwindigkeit können
bzgl. Starkregen auch Unwetter nicht ausgeschlossen werden.
Im Norden und Osten bleibt es bis zum Abend dagegen noch trocken, den meisten
Sonnenschein gibt es von der Lausitz bis nach Ostbayern. In der Luftmasse
subtropischen Ursprungs liegen die 850 hPa-Temperaturen meist zwischen 11 und 16
Grad, entsprechend werden für die Jahreszeit sehr warme Höchstwerte zwischen 22
und 26 Grad erreicht, nicht ganz so warm wird es wohl an den Küsten sowie in
Regionen mit häufigeren Schauern im Westen/Südwesten.

In der Nacht zum Montag greift der kurzwellige Randtrog schließlich auf den
Westen bzw. Südwesten Deutschlands über. Mit fortschreitender Austrogung über
Westeuropa dreht die Höhenströmung dabei mehr und mehr auf Süd, dabei bleibt
dynamische Hebung auf der Trogvorderseite weiterhin wirksam.
Die Tiefdruckrinne im Bodenfeld kommt zusammen mit der instabilen und feuchten
Luftmasse allmählich weiter nach Nordosten voran, wobei wohl die Regionen von
Ostvorpommern bis zur Lausitz noch außen vor bleiben. Dort bleibt es trocken,
ansonsten breiten sich die anfangs noch teils kräftigen Gewitter allmählich ost-
und auch nordwärts aus. Vor allem in der ersten Nachthälfte sind weiterhin
markante Entwicklungen möglich, anfangs sogar Unwetter aufgrund von Starkregen
nicht ausgeschlossen. Insgesamt nimmt jedoch die Intensität der Gewitter
tageszeitbedingt deutlich ab, teilweise gehen sie auch in schauerartigen Regen
über (mit Starkregenpotenzial? Vor allem GFS simuliert im Bereich der Alb sehr
hohe Mengen). Rückseitig gelangt in den Westen und Südwesten des Landes eine
etwas stabilere Luftmasse, dort lockern die Wolken auf, wobei sich dann aber
teils dichter Nebel bilden kann. Mit Tiefstwerten zwischen 16 und 11 Grad bleibt
die Nacht für diese Jahreszeit sehr mild.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle Modelle zeigen im Kurzfristzeitraum eine ähnliche Wetterentwicklung. Warn-
und prognoserelevante Unterschiede sind nur im Detail, insbesondere, was die
Gewittertätigkeit am Sonntag betrifft, auszumachen und können nur im Nowcasting
berücksichtigt werden.
Trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit ist vor allem am Sonntagnachmittag und
vielleicht noch -abend ein gewisses Unwetterpotenzial aufgrund von Starkregen
nicht von der Hand zu weisen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff