DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-09-2021 07:01
SXEU31 DWAV 210800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 21.09.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: W/NWa
Im Norden und Osten leicht unbeständig, am Donnerstag an den Küsten und auf
einigen Berggipfeln Sturmböen. Sonst meist ruhiges Herbstwetter.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... befindet sich Deutschland an der Ostflanke eines breit angelegten
Höhenrückens, der sich vom nahen Ostatlantik über die Britischen Inseln sowohl
nordwärts bis zur Norwegischen See als auch ostwärts bis nach Mitteleuropa
erstreckt, unterhalb einer weitgehend antizyklonal konturierten nordwestlichen
Höhenströmung. Der Rücken hat die Frontalzone weit nach Norden gedrückt, wobei
aktuell aber ein markanter, gen Island gerichteter Trogvorstoß stattfindet.
Kräftige WLA auf dessen Vorderseite lässt den Rücken über der Norwegischen See
weiter nordwärts aufwölben, wobei er bei gleichzeitigem Wellenlängenverlust
Richtung Norwegen vorankommt. Flankiert wird der Rücken von einem umfangreichen
Langwellentrog über Osteuropa. An dessen Westflanke wird ein kurzwelliger
Troganteil im Tagesverlauf über das mittlere Skandinavien hinweg südostwärts zur
südlichen Ostsee geführt und sorgt auch im Norden bzw. Osten Deutschlands für
einen leichten "zyklonalen Einschlag". Dabei hält sich der hauptsächlich aus WLA
und nur geringer PVA resultierende dynamische Hebungsantrieb aber in Grenzen.
Im Bodenfeld korrespondiert dieser Kurzwellentrog mit dem teilokkludierten
Frontensystem eines Tiefs über dem Nordmeer, das sich im Tagesverlauf allmählich
auflöst. Gleichzeitig bildet sich entlang der Front im Lee des Norwegischen
Küstengebirges in etwa über dem Oslo-Fjord ein Teiltief und zieht bis zum Abend
rasch nach Südschweden. Die Front streift dabei im Tagesverlauf zunächst den
Norden, in der kommenden Nacht dann noch den Osten des Landes mit hochreichend
dichter Bewölkung, aber nur leichten Regenfällen, wobei bis heute Abend
lediglich an den Küsten sowie in Vorpommern gebietsweise mehr als 1 l/qm
simuliert werden. Mit Frontpassage verschärft sich der Gradient im Nordosten ein
wenig, eventuell reicht es in den Abendstunden auf Rügen mal für eine Bft 7 aus
West bis Nordwest.
Im übrigen Land dominiert der antizyklonale Einfluss, wobei sich der Schwerpunkt
des Bodenhochs aktuell noch südwestlich der Britischen Inseln befindet und eine
Hochdruckbrücke in etwa über die Mitte Deutschlands hinweg bis ins östliche
Mitteleuropa reicht. Diese verstärkt sich im Tagesverlauf noch etwas, an der
Ausrichtung und Lage der Divergenzachse ändert sich aber kaum etwas. Somit
gelangt von Nordwesten her unterhalb der teilweise recht markant ausgeprägten
Inversion (zwischen ca. 850 hPa im Südwesten und 750 hPa im Osten) teilweise
recht feuchte Luft ins Vorhersagegebiet. Vielerorts hat sich somit eine dichte
Hochnebeldecke bzw. SC-Bewölkung ausgebreitet. Mit Verstärkung der
Hochdruckbrücke wird diese Feuchtezufuhr im Tagesverlauf aber vor allem im
Westen und Südwesten zunehmend gekappt, so dass sich dort häufiger die Sonne
durchsetzen kann. Auch in anderen Regionen Süddeutschlands bekommt die
Hochnebeldecke im Tagesverlauf größere Lücken, in der Norddeutschen Tiefebene
und nach Osten zu bleibt es dagegen meist stark bewölkt, gebietsweise auch
ganztätig bedeckt. In 850 hPa werden meist Werte zwischen 2 und 5 Grad erreicht,
lediglich im Südwesten bis zu 6 bzw. 7 Grad, somit liegen die Höchstwerte bei 14
Grad am Erzgebirge und knapp über 20 Grad im südlichen Oberrheingraben.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich der Kurzwellentrog rasch über Polen
hinweg südwärts. Der markante Höhentrog über Nordwesteuropa stößt ins Nordmeer
vor und drängt den vorgelagerten zunehmend kurzwelligen Höhenkeil nach Osten ab,
morgens reicht er über die südliche und östliche Nordsee nordnordostwärts bis
nach Mittelschweden bzw. zum Bottnischen Meerbusen. Somit steilt die
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet noch etwas auf und bleibt in der
Osthälfte leicht zyklonal, sonst aber eher antizyklonal konturiert.
Im Bodenfeld korrespondiert der Trogvorstoß mit einer veritablen
Sturmtiefentwicklung über dem Nordmeer (Kerndruck unter 955 hPa), dessen
Warmfront morgens die nördliche Nordsee erreicht. Das kleinräumige
Tiefdruckgebiet über Südschweden zieht bis Mittwochfrüh in den Westen Polens. An
dessen Westflanke fällt vor allem von Ostvorpommern bis nach Sachsen weiterhin
etwas Regen, allerdings nach wie vor maximal nur wenige l/qm. Mit Passage des
Tiefs wird die Hochdruckbrücke vorübergehend etwas nach Südwesten abgedrängt und
in der Osthälfte bleibt der Gradient noch recht scharf ausgeprägt. Abgesehen von
kurzzeitig steifen Böen aus Nordwest auf Rügen sowie stürmischen Böen auf dem
Brocken und Fichtelberg sollte es aber nicht für warnrelevante Böen reichen.
Postfrontal schiebt sich ein flacher Bodenhochkeil wieder Richtung
Norddeutschland vor.
Während es im Norden und Osten somit meist stark bewölkt bis bedeckt bleibt (und
mit Anheben der Inversion es vorübergehend auch mal etwas Nieseln kann), ist es
im Westen und Südwesten gebietsweise gering bewölkt. Auch im Nordwesten lockern
die Wolken später auf. Örtlich kann sich dann dichter Nebel bilden. Die
Tiefstwerte liegen im Norden und Osten zwischen 12 und 7 Grad, an den Küsten
teils darüber, sonst kühlt es auf 9 bis 3 Grad ab, bei länger klarem Himmel in
einigen Mittelgebirgstälern sogar auf nahe 0 Grad mit Bodenfrostgefahr.

Mittwoch... wird der Nordmeertrog durch einen von Nordwesten einlaufenden und
zunehmend kurzwelligen Randtrog, der sich abends südlich von Island befindet,
regeneriert und kann sich weiter nach Südosten, Richtung Norwegische See,
vorarbeiten. Der vorgelagerte Höhenkeil wird weiter nach Südosten abgedrängt und
reicht abends über Nordwestdeutschland und Südschweden bis zur mittleren Ostsee.
Er stützt zusammen mit WLA weiterhin die Hochdruckzone im Bodenfeld, die
allerdings mit ihrer Divergenzachse etwas nach Süden abgedrängt wird und sich
gleichzeitig wieder nach Osten ausweitet, dabei aber ein wenig abschwächt. Das
kleinräumige Tief über dem Westen Polens kommt weiter nach Süden voran, löst
sich aber mit Vorstoßen der Hochdruckbrücke auf. Vor allem von der Lausitz bis
zum Vogtland sowie im ostbayerischen Mittelgebirgsraum kann es hier und da
anfangs noch etwas regnen und auch im Tagesverlauf lockern die Wolken dort wohl
nur sehr zögernd auf. Ansonsten bekommt die Wolken- bzw. Hochnebeldecke aber
durchaus Lücken, vor allem im Westen und Südwesten scheint nach Nebelauflösung
häufig die Sonne.
Das Sturmtief über dem Nordmeer kommt im Tagesverlauf nur zögernd nordostwärts
voran, dessen Warmfront streift mit zeitweise etwas dichteren Wolkenfeldern den
Norden Deutschlands, es bleibt dort aber wohl trocken. Die Kaltfront erreicht
abends die nördliche Nordsee. Im Warmsektor kann sich vor allem im Westen und
Nordwesten auch niedertroposphärisch allmählich deutlich mildere Luft
durchsetzen, die Temperatur in 850 hPa steigt bis zum Abend auf Werte zwischen 5
Grad am Bayerischen Wald und 11 Grad im Nordwesten. Somit wird es mit
Höchstwerten zwischen 15 Grad an den ostbayerischen Mittelgebirgen und 22 Grad
am Niederrhein geringfügig wärmer als am Vortag. Der anfangs vor allem in den
östlichen und ostbayerischen Mittelgebirgen noch lebhafte Nordwestwind schwächt
sich im Tagesverlauf ab, dafür frischt der Wind an der Nordflanke der
Hochdruckbrücke über der Deutschen Bucht mit Warmfrontpassage bzw. Annäherung
der Kaltfront gegen Abend aus West auf, ist aber nicht warnrelevant.

In der Nacht zum Donnerstag bleibt der umfangreiche Höhentrog mit seinem
Drehzentrum über dem Nordmeer quasistationär, wobei sich das korrespondierende
Sturmtief im Bodenfeld nur zögernd auffüllt. Der Kurzwellentrog an dessen
Südflanke stößt bis Donnerstagfrüh zur Norwegischen See vor. Markante dynamische
Hebung (PVA) auf dessen Vorderseite führt im Lee des Norwegischen Küstengebirges
entlang der Kaltfront des Nordmeertiefs zu einer Teiltiefentwicklung über
Südnorwegen. Die Front selbst wird dadurch vorübergehend etwas eingebremst und
erreicht in den Frühstunden erst die mittlere Nordsee.
Der dem Trog vorgelagerte Höhenkeil wird weiter nach Südosten abgedrängt, ebenso
die Hochdruckbrücke über Süddeutschland, deren Divergenzachse morgens bereits
die Nordalpen erreicht. Mit Annäherung der Kaltfront verschärft sich der
Gradient über Norddeutschland im Laufe der Nacht weiter und der Wind frischt
deutlich aus West bis Südwest auf. An den Küsten gibt es zunehmend steife, im
Nordseeumfeld morgens auch bereits stürmische Böen, auf dem Brocken ab den
Frühstunden Sturmböen. Dazu zieht in Norddeutschland hochreichend dichte
Bewölkung auf, Regen fällt aber wohl erst morgens an den Küsten.
Im Süden und in der Mitte bleibt es dagegen vielerorts gering bewölkt, teils
auch wolkenlos, wobei sich später wieder Nebel und Hochnebel ausbreiten. Die
Tiefstwerte liegen unter den dichten Wolken in Norddeutschland zwischen 13 und 9
Grad, sonst zwischen 8 und 3 Grad, in einigen Mittelgebirgstälern
Süddeutschlands auch darunter mit Bodenfrostgefahr.

Donnerstag... greift der markante Randtrog auf Südskandinavien über. Die
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet dreht somit auf Nordwest und ist vor
allem über dem Norden und Osten des Landes zyklonal konturiert, während im
Südwesten der Einflussbereich einer vom Höhenrücken südwestlich der Britischen
Inseln bis zum Höhenkeil über dem westlichen Mittelmeerraum reichenden
Potenzialbrücke verbleibt.
Das Teiltief über Südnorwegen vertieft sich noch etwas und zieht bis zum Abend
allmählich nach Mittelschweden. Die Kaltfront greift am Nachmittag auf
Norddeutschland über, vor allem präfrontal fällt im Norden und Nordosten
zeitweise Regen, die Mengen bleiben aber mit 1 bis 5 l/qm, vom
Schleswig-Holstein bis nach Ostvorpommern auch mehr in 12 Stunden überschaubar.
Postfrontal gelangt nur niedertroposphärisch kältere Luft nach Norddeutschland,
wobei in den Prognosesoundings in etwa 750 bis 800 hPa eine recht markante
Inversion simuliert wird. Somit hält sich die Schauertätigkeit in Grenzen und
die Wolken dürften vor allem im Ostseeumfeld - wo sich eventuell auch
Skandenföhn bemerkbar machen kann (zumindest sinken dort die PPW-Werte auf nahe
10 mm) - auflockern.
In den Fokus der Warntätigkeit rückt dagegen der Wind. Die über
Südwestdeutschland hinweg südostwärts reichende Hochdruckbrücke wird nur zögernd
ein wenig abgebaut und die Annäherung der Kaltfront führt zu einer deutlichen
Gradientverschärfung. Bis in die mittleren Landesteile reichend frischt der Wind
deutlich aus Südwest auf und erreicht in Böen Bft 7, vor allem mit Frontpassage
im norddeutschen Binnenland auch vereinzelt die Bft 8, wobei die stabile
Schichtung wohl verbreitet auftretende markante Böen im Binnenland verhindert.
Anders an den Küsten: Dort gibt es verbreitet Böen Bft 8 bis 9, vor allem mit
Frontpassage bzw. mit Passage eines folgenden Bodentroges exponiert auch schwere
Sturmböen (Bft 10), zunächst aus west bis Südwest, später Nordwest. Auch in den
Kammlagen der nord- und ostdeutschen Mittelgebirge reicht es für Sturmböen, auf
dem Brocken für schwere Sturmböen.
Im Südwesten und Süden sowie auch meist in den mittleren Landesteilen bekommt
man von dem frontalen Geschehen dagegen kaum etwas mit. Eventuelle Nebel- und
Hochnebelfelder lösen sich mit dem auch dort etwas zunehmenden Gradienten und
der besseren Durchmischung wohl meist auf und vor allem nach Süden zu steht ein
sonniger Tag ins Haus. Während die 850 hPa-Temperatur im Norden postfrontal auf
etwa 1 bis 5 Grad sinkt, liegt sie in der Mitte und im Süden zwischen 8 und 12
Grad. Dort wird es mit 18 bis 23 Grad angenehm warm, aber auch im Norden werden
immerhin noch Höchstwerte zwischen 15 und 18 Grad erreicht.

In der Nacht zum Freitag zieht der Trog weiter ins Baltikum und tropft dort ab.
Das korrespondierende Bodentief wird zwar vom Trog überlaufen, füllt sich aber
nur zögernd auf und erreicht morgens den Südwesten Finnlands. Die Kaltfront
kommt vor allem über der Osthälfte Deutschlands noch etwas nach Süden voran und
erreicht noch etwa das Erzgebirge, hängt von dort aus aber nach Nordwesten
zurück und geht über in die Warmfront eines Tiefs bei Island. Diese schleifende
Front gerät zunehmend in den Einflussbereich eines flachen Höhenrückens, der
morgens von Nordwesten her auf die Nordsee übergreift und verliert dadurch mehr
und mehr an Wetterwirksamkeit. Somit bleibt es zwar überwiegend stark bewölkt
bis bedeckt, Regen fällt aber auch im Einflussbereich der Front, etwa vom
Weser-Ems-Gebiet bzw. NRW bis zur Lausitz, nicht mehr viel, maximal noch wenige
l/qm, gebietsweise bleibt es sogar trocken.
Im Nordosten und im Südwesten und Süden bleibt es dagegen aufgelockert, ganz im
Südwesten sowie an den Alpen teils auch gering bewölkt, wobei sich dort wieder
gebietsweise Nebel und Hochnebel ausbilden kann.
Der Gradient fächert im Laufe der Nacht nur zögernd auf. An den Küsten, vor
allem der Ostsee, sowie in den Kamm- und Gipfellagen der östlichen und auch
ostbayerischen Mittelgebirge (eventuell auch exponierte Alpengipfel) gibt es
noch längere Zeit stürmische Böen oder Sturmböen.
Insgesamt verläuft die Nacht auch im Süden etwas milder als die Vornächte.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine signifikanten
Modellunterschiede ausmachen. Kleinere Differenzen im Detail gibt es höchstens
noch die Windlage am Donnerstag betreffend, wobei diese auch aus heutiger Sicht
kaum warnrelevant sind und sich höchstens die Frage stellt, wie verbreitet
markante Böen (Bft 8) mit Frontpassage bzw. postfrontal auch im Binnenland
auftreten. Diese lässt sich im Detail wohl auch erst am Donnerstagfrüh
beantworten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff