DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-09-2021 08:01
SXEU31 DWAV 150800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 15.09.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL TrW
Gebietsweise heute Starkniederschläge, teils gewittrig durchsetzt. Dabei Mengen
bis in den Unwetterbereich. Am Donnerstag im Süden weiter Gewitter mit
Starkregen, an den Alpen Übergang in Dauerregen, Mengen bis im Unwetterbereich.
Freitag Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich das Zentrum eines Höhentroges über der Nordsee.
Deutschland liegt auf seiner Vorderseite in einer südwestlichen Höhenströmung.
Nur wenig stromabwärts befindet sich korrespondierend dazu ein Bodentief in
dessen Warmsektor ganz Deutschland gelangt. Die zugehörige Kaltfront verläuft
schleifend über Frankreich und kommt nur zögernd in Richtung Deutschland voran.
Grund dafür ist die Konstellation in der Höhe. Der erwähnte Bodentrog reicht in
seiner Verlängerung mit einem zweiten Höhentiefzentrum bis zur Iberischen
Halbinsel. Erst am späteren Abend erreicht die Kaltfront schließlich den
Nordwesten Deutschlands, was gut am Rückgang der Feuchtewerte zu erkennen ist.

Damit befindet sich der Vorhersageraum heute im Bereich sehr feuchter
Luftmassen, was sich an den hohen Werten der spezifischen Feuchte sehen lässt
(12-13 g/kg), die sich im Bereich des Warmsektors im Tageverlauf auch bis in den
Nordosten Deutschlands ausbreiten. Auf der anderen Seite ist die Labilität in
der feuchten Luftmasse (mit hochreichend nur geringem Spread) eher mau. Dadurch
ist das resultierende CAPE auch nur gering und erreicht nur vereinzelt mal Werte
um 300 J/kg. Als Hebungsimpuls lässt sich einerseits eine grundlegend
konvergente Strömung im Bodenfeld finden (die aber nicht sehr konzentriert ist).
Entscheidender dürfte die Höhenströmung sein. Dort lässt sich ein Kurzwellentrog
finden, dessen Achse im Verlauf des Tages von BeNeLux in den Nordwesten
Deutschlands und dann weiter in Richtung Ostsee zieht. Im Vorfeld der Trogachse
ergibt sich damit eine diffluente und hebungsgünstige Höhenströmung.

Den Hebungsimpuls kann man schon jetzt über dem Westen Deutschlands sehen, wo
sich bereits in den Morgenstunden die ersten ungewittrigen Starkregenfälle
zeigen. Diese mit Starkregen durchsetzten Niederschläge breiten sich im weiteren
Tagesverlauf über die mittleren Landesteile hinweg bis in den Osten und
Nordosten aus. Dabei werden sich tagesgangbedingt auch hin und wieder mal Blitz
und Donner mit dazu gesellen. Viele Gewitter sind aber aufgrund der mauen
Labilität eher nicht zu erwarten. Immerhin zeigt die hochreichende Scherung
Werte bis 15 m/s, sodass auch mal das eine oder andere besser organisierte
Gewitter denkbar ist.

Ganz klar im Vordergrund steht der Starkregen. Das ausfällbare Waser erreicht
außergewöhnlich hohe Werte von 40 bis 45 mm, die selbst im Sommer sehr hoch
wären. Die Zuggeschwindigkeiten sind immerhin moderat (20 kn). Im Kombination
muss mit Niederschlagsmengen gerechnet werden, die zum Teil bis in den
Unwetterbereich gehen. Das wird so auch von den hochauflösenden Modellen und
Modellensembles angezeigt. Da es sich nicht um einzelne Zellen, sondern um mit
Starkregen durchsetzte Niederschläge handelt, die auch länger andauern können,
besteht die Unwettergefahr nicht nur für kurzzeitige Ereignisse (bis 40 l/m² in
kurzer Zeit), sondern auch durch mehrere Starkregenereignisse in einem 6 h
Zeitraum (um 50 l/m² in 3-6 h). Einen solchen Streifen arbeitet auch das ICON-D2
EPS vom Ruhrgebiet bis zum Weserbergland und weiter bis nach Niedersachsen
heraus. Die genaue Lage des Streifens wird von den verschiedenen Modellen aber
leicht unterschiedlich gesetzt und ist im Vorfeld nur schwierig zu bewarnen.
Wenn sich dieser Streifen aber andeutet, sollte er proaktiv bewarnt werden.

Die Starkregengefahr setzt sich dann im weiteren Verlauf in den Osten und
Nordosten fort, wenngleich die Unwettersignale im EPS des ICON-D2 zurückgehen.
Angesichts der gleichen Luftmasse müssen Unwetter aber in jedem Fall weiter
eingeplant werden.

Neben dem Niederschlag gibt es allenfalls kleinkörnigen Hagel und Windböen,
örtlich stürmische Böen (etwas besser organisierte Zellen).

Über der Südhälfte sind die Antrieb schwächer und damit auch die konvektiv
durchsetzten Niederschläge. Das liegt vor allem an dem fehlenden Hebungsinput
aus der Höhe. Eine Ausnahme gibt es im äußersten Süden. Dort greift im Laufe des
Nachmittags ein weiterer KW-Trog über, der sich auch gut im IPV-Feld finden
lässt. Damit verstärkt sich die Konvektion im Laufe des späten Nachmittags und
abends und Gewitter können aus den Alpen bis ins Vorland ausgreifen. Wie weit
nach Norden dies der Fall ist oder ob sich die Gewitter eher auf die direkten
Alpen konzentrieren ist noch etwas unsicher. Dem IPV Maximum folgend erscheint
ein Ausgreifen etwas weiter nach Norden aber plausibel. Neben Starkregen bis in
den Unwetterbereich sind bei vorübergehend erhöhter Scherung auch Hagel um 2 cm
und Sturmböen denkbar.

Trocken bleibt es tagsüber noch im Südosten von Bayern und in der Lausitz. Dort
wird es mit Höchstwerten bis 27 Grad und etwas Sonne auch nochmal einen
Sommertag geben.

In der Nacht auf Donnerstag kommt die Kaltfront des Tiefs, das mittlerweile nach
Dänemark weiterzieht, weiter nach Südosten voran und erreicht bis zum Morgen die
Mitte des Landes. Dahinter strömen trockenere und auch stabil geschichtete
Luftmassen ein. Weiter stromabwärts gibt es eingangs der Nacht vor allem in den
östlichen Landesteilen und im Südosten weitere mit Starkregen durchsetzte und
teils gewittrige Niederschläge, wobei die Unwettergefahr im Laufe der Nacht
immer weiter zurückgeht. Bis zum Beginn der zweiten Nachthälfte ziehen die
Gewitter ostwärts ab. Dann liegt der Fokus noch auf die angesprochene Kaltfront
über der Mitte des Landes. Auch dort gibt es noch Signale für zumindest markante
Starkniederschläge.



Donnerstag... zieht das Bodentief weiter in Richtung Ostsee und seine Kaltfront
kommt langsam südwärts voran, wobei die Verlagerungsgeschwindigkeit immer mehr
nachlässt, was vor allem der zunehmend strömungsparallelen Ausrichtung (mit der
Höhenströmung) geschuldet ist. Gleichzeitig erreicht die herumgeholte Okklusion
des Tiefs den Norden Deutschlands, sodass auch dort die Feuchte wieder zunimmt.

Der Hauptfokus liegt im präfrontalen Bereich über dem Süden Deutschland, wo im
Tagesverlauf weitere schauerartig verstärkte und gewittrig durchsetzte
Niederschläge zu erwarten sind. Die ppw-Werte sind zwar etwas niedriger (~30 bis
35 mm) als am Vortag, gleichzeitig gehen aber auch die
Verlagerungsgeschwindigkeiten zurück (~10 kn). Entsprechend kann es lokal auch
wieder Mengen bis in den Unwetterbereich geben. Das wird auch von ICON-D2 EPS so
prognostiziert, wobei ein klares Maximum im direkten Alpenvorland zu verzeichnen
ist.
Dort gehen die Niederschläge schließlich in von Starkregen durchsetzte
Dauerniederschläge über und schwächen sich erst in der zweiten Nachthälfte ab.
Damit erscheint im direkten Alpenumfeld eine länger andauernde Warnung (12 bis
00 UTC) sinnvoll, die dann wohl auch im roten Bereich angesiedelt ist. Immerhin
liegen die Wahrscheinlichkeiten über 50 % für Unwetter (ICON-D2 EPS).

Mit der rumgeholten Okklusion gibt es auch im Norden im Tagesverlauf ein paar
Schauer oder kurze Gewitter. Die Schauer/Gewitter ziehen aber, sodass markanter
Starkregen eher gering wahrscheinlich ist. Dafür kann es mit dem erhöhten
Gradienten auf der Tiefrückseite Windböen im Nordseeumfeld geben, die sich dann
im weiteren Verlauf auch auf exponierte Lagen der westlichen Ostsee ausweiten.

In der Nacht auf Freitag erreicht die Kaltfront allmählich den Alpenrand. Bis
dahin gib es wie angesprochen noch länger andauernde Niederschläge. Im Norden
gibt es auch in Verbindung mit der Achse des Höhentroges weitere Schauer, in
Richtung Nordosten auch kurze Gewitter. An exponierten Küstenabschnitten treten
noch Windböen auf.

Im Westen und Südwesten ausgreifend bis zur Mitte kann die Wolkendecke auch mal
stärker auflockern und sich streckenweise teils dichter Nebel bilden.

Freitag... zieht der Höhentrog langsam ostwärts aus Deutschland ab und der
Vorhersageraum liegt dann nachfolgend in einer nordwestlichen Höhenströmung. Die
Okklusion des über der Ostsee befindlichen Tiefs hängt noch über Nordhälfte
Deutschlands mit feuchterer Luft. Dementsprechend kann es immer mal wieder ein
paar Schauer geben, in Trognähe im äußersten Nordosten sind bis zum Mittag auch
noch einzelne kurze Gewitter möglich.

Die Niederschläge an den Alpen hören postfrontal der über den Alpen abgezogenen
Kaltfront auf. Damit ergibt sich ein freundlicher Streifen, der sich vom
Oberrhein bis nach Schwaben erstreckt. Dort setzt sich die Sonne immer häufiger
durch. Auch in Richtung Nordsee wird es zum Nachmittag freundlicher.
Warnungen werden zum Nachmittag entsprechend nicht mehr erwartet.

In der Nacht auf Samstag schiebt sich von Westen ein Rücken nach Deutschland,
sodass es in der Südwesthälfte teils stärker auflockert und sich gebietsweise
Nebel bilden kann, der örtlich auch dicht ist.

In Richtung Nordosten kann es noch Schauer geben, die aber auch dort in der
zweiten Nachthälfte nachlassen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die grundlegende Entwicklung wird konsistent von den verschiedenen Modellen
erfasst. Unterschiede auf der Mesoskala wurden wo notwendig bereits im Haupttext
diskutiert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer