DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-09-2021 07:30
SXEU31 DWAV 140800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 14.09.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Süd antizyklonal (Sa)
Heute nochmal vielerorts sonniger Spätsommertag, von Südwesten danach zunehmend
Schauer und Gewitter. Gebietsweise Unwettergefahr durch teils mehrstündigen
Starkregen. Am Donnerstag von Nordwesten Wetterberuhigung und etwas kühler.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... steht der Tag noch weitestgehend im Zeichen des Hochs ISGARD, dessen
Zentrum sich aktuell mit etwa 1020 hPa im Bereich der Oder befindet, sich aber
de facto als schwache Brücke vom Balkan bis zur Nordsee erstreckt. Im Bereich
der Divergenzachse ist die Grenzschichtfeuchte noch so erhöht, dass sich
aufgrund der zyklonalen Vorgeschichte vor allem in Küstennähe bis in die
Uckermark hinein kompakte Sc-Bewölkung mit Untergrenzen knapp unter 1000 m hält,
die wohl in Vorpommern erst zum späten Nachmittag immer mehr aufbricht.

Südlich daran anschließend sollte das für die morgendlichen Nebelfelder deutlich
schneller der Fall sein. Dafür sind diese zu flach und die Septembersonne zu
stark. Überhaupt ist mit jedem Kilometer noch Süden an der Südwestflanke der
Hochdruckzone eine durch den südöstlichen Wind abgetrocknete und warme Luft aus
dem zentralen Mittelmeerraum mit 850 hPa Temperaturen von über 10 Grad, südlich
der Donau sogar um 15 Grad zu finden. Dementsprechend wird es mit reichlich
Sonnenunterstützung - abgesehen von den erwähnten Einschränkungen im Norden und
Nordosten - auch nochmal ziemlich verbreitet einen Sommertag mit mehr als 25
Grad geben, punktuell im Süden und Südwesten bis knapp an die 30 Grad ran.

Uns bleibt aber nun auch der Blick nach Frankreich nicht erspart, der aktuell
entlang der Seine schon zahlreiche Gewitter zeigt, die sich zögernd nordostwärts
verlagern. Diese sind an die Vorderseite eines Troges gekoppelt, der von einem
"halb abgeschnürten" Höhentief über den Britischen Inseln ausgeht. An dessen
Südflanke befindet sich dicht westlich von Portugal noch ein weiteres, weitaus
größeres Exemplar seiner Art, aber auch das weist noch schwachen Kontakt zur
Frontalzone auf. Demzufolge ist eine stete, wenn auch langsame Progression nach
Osten gewährleistet. So wird entsprechend auch bodennah eine Rinne von der
Iberischen Halbinsel über Frankreich bis zum Abend auch nach Benelux ausgreifend
gestützt, die zunächst nur mehrschichtiges hohes Gewölk in den Westen und
Südwesten des Landes schickt (abgehobene Konvektionsreste). In der zunächst noch
recht trockenen Grundschicht wird von etwaigen Niederschlägen davon am Boden
nicht allzu viel ankommen. Die Schichtung wird zwar im Tagesverlauf im Südwesten
und Süden immer labiler (Lapse Rates -0.7 K/100m, ML CAPE bis 1000 J/kg), aber
sowohl die abschattende vorlaufende Bewölkung als auch die ebenfalls recht
trockene Troposphärenschicht oberhalb der Grenzschicht zwischen 800 und 600 hPa
mit relativen Feuchten von 50% ist doch ein arg limitierender Faktor, so dass
man sich vereinzelte Auslöse maximal über den west- und südwestdeutschen
Mittelgebirgen vorstellen kann (AROME andeutungsweise). Mit Blick in die
Abendstunden allerdings nimmt die PVA bedingten Hebungsimpulse doch etwa zu und
auch die Scherung erreicht moderate Werte (LLS bis 10 m/s, DLS 10-15 m/s).
Insofern werden einzelne übergreifende Multizellen eingangs der Nacht immer
wahrscheinlicher, dann mit Fokus Starkregen bei PPW's bis an die 40 mm, aufgrund
der Zuggeschwindigkeit und fortgeschrittenen Tageszeit vorrangig im "ocker"
Bereich.

In der Nacht zum Mittwoch breitet sich die zunehmend schwüle Luftmasse weiter
nordostwärts aus und erreicht bis zum Morgen auch Schleswig-Holstein, den Harz
und Oberfranken. Die flach ablaufenden Randtröge hobeln den anfangs noch
vorhandenen Rücken über Ostdeutschland allmählich ab, verlieren sich bei diesem
Prozess allerdings auch immer mehr. Nennenswerte Hebung wird eigentlich nur im
Nordwesten (speziell im Nordseeumfeld) generiert, wo sich die Annäherung des
Höhentiefs von den Britischen Inseln bemerkbar macht. Insofern sind dort doch
flächig schauerartig verstärkte, teils gewittrig durchsetzte Regenfälle mit 12h
Summen zwischen 5 und 10 l/qm, punktuell auch um 20 l/qm zu erwarten. Auch am
Boden erreicht ein gut definiertes Tief, das der Rinne entwächst, mit Kerndruck
unter 1010 hPa bis zum Morgen die Deutsche Bucht.

Über der Mitte und dem Süden ziehen zwar zeitweise auch (abgehobene)
Konvektiosreste durch, da aber eher der Marke zerfleddert und wenig
strukturiert. In manchen Gegenden wird es dazwischen auch trocken bleiben.

Ziemlich sicher der Fall sein wird das noch von Vorpommern bis zum Erzgebirge
sowie südlich der Donau, wo sich noch schwacher Hochdruckeinfluss halten kann.
Durch die insgesamt zunehmende Bewölkung ist die Nebelwahrscheinlichkeit im
Vergleich zu den Vornächten deutlich herabgesetzt. Die Tiefstwerte liegen
zwischen 18 und 14 Grad, im Osten und Südosten bei 14 bis 10 Grad.


Mittwoch... erreichen Höhentief und auch die korrespondierende Zyklone am Boden,
die inzwischen fast achsensenkrecht geworden sind Fischer und verlagern sich
damit nur wenig nord-nordostwärts. Der Rücken wird vollends nach Südosteuropa
abgedrängt und Deutschland liegt damit durchweg in einer "flattrigen"
südwestlichen Höhenströmung. Flattrig deshalb, weil immer wieder kurzwellige
Anteile nordostwärts ablaufen, die in Gänze im Detail aktuell noch gar nicht zu
erfassen sind. Was sich deutlicher herauskristallisiert ist, dass sich die
schwül-warme gewitterträchtige Luft bis zum Abend auch zur Oder und nach
Niederbayern vorarbeitet UND die über Benelux nachrückende Kaltfront, die die
Gewitterlage wieder beenden würde, durch den zurückhängenden Trog über der
Iberischen Halbinsel ausgebremst wird.

So steht warntechnisch ein anspruchsvoller Tag ins Haus. Die Scherungsparameter
und Eigenschaften der Luftmasse sind ähnlich denen vom Vortag, die
Hebungsimpulse aber etwas höher und, vor allem, die Troposphäre ist inzwischen
von Westen deutlich besser durchfeuchtet. Bei strömungsparallelen Verhältnissen
müssen somit nicht nur lokale kräftige Gewitter mit Starkregen und kleinkörnigem
Hagel (auch Ansammlungen möglich!), vielleicht auch mal einer Windböe ins Kalkül
gezogen werden, sondern auch unwetterartiger (teils mehrstündiger) Starkregen
mit Mengen zwischen 30 und 40 binnen einer Stunde, bzw. um 70 in wenigen
Stunden. C-D2 EPS arbeitet vor allem einen Streifen heraus, der von der Eifel
bis zur Pfalz reicht und sich nordostwärts bis zum Harz erstreckt. Dort sind
Wahrscheinlichkeiten zwischen 20 und 40, lokal bis 60% für mehr als 25 l/qm
binnen 12 Stunden angesiedelt. Auch sporadische Wahrscheinlichkeiten zwischen 5
und 15% für mehr als 70 l/qm binnen 12h lassen sich finden, was schon ein
ordentliches Signal darstellt. Nimmt man die Deterministik hinzu, so lässt vor
allem der gestrige 18z Lauf vom Euro 4 (mal wieder) mit knapp 200 l/qm im Raum
Euskirchen aufhorchen. Super HD und AROME sehen den Schwerpunkt einen Tick
südöstlich eher zwischen Mannheim und dem Thüringer Wald mit Größenordnungen von
20 bis 30, lokal um 40 l/qm binnen 12 Stunden, mit denen man sogar mehrheitlich
gänzlich um eine Warnung herumkommen würde. Kurzum: Das Starkregenpotential ist
allemal da und eine (teils mehrstündige) markante Lage mit örtlich eingelagerten
Unwetterhotspots - vor allem im Südwesten - wahrscheinlich. Wo genau, kann
voraussichtlich erst im Nowcasting geklärt werden. Es könnte sich allerdings auf
Basis der Abendläufe eine Diskussion lohnen, ob sich die Herausgabe einer
Vorabinfo anbietet. Aus jetziger Sicht tut sie das nicht.

Ob sich wie von C-D2 und Super HD angedeutet im Alpenvorland sogar einzelne
Superzellen entwickeln können, bleibt ebenfalls noch abzuwarten. Die Windprofile
sehen zwar stimmig aus, aber die Geschwindigkeitsscherung erreicht kaum 10 m/s.
Vielleicht sieht man mal kurzzeitig rotierende Ansätze.

Trotz der vielfach starken Bewölkung wird sich die Sonne ab und an mal
durchkämpfen können und das schwül-warme Empfinden der 20 bis 27 Grad noch
steigern.

In der Nacht zum Donnerstag schiebt sich der ganze Höhentrogkomplex ein Stück
weiter ostwärts vor und erreicht eine Linie Jütland-Pyrenäen. Deutschland liegt
damit noch immer auf dessen Vorderseite. Allerdings setzt zeitgleich mit Vorstoß
eines neuen Keils zu den Britischen Insel Druckanstieg vom Englischen Kanal her
ein, der den Nordwestwind an der Südflanke des Tiefs aufleben lässt (verbunden
auch mit einzelnen Windböen 7 Bft auf den Nordseeinseln) und damit den Schub der
Kaltfront anfacht. So erreicht diese bis zum Morgen Mecklenburg-Nordhessen und
die Mosel, womit die Nordwesthälfte in den Bereich kühlerer Meeresluft gelangt
mit T850 unter 8 Grad. Postfrontale bleibt nach der feuchten Vorgeschichte und
nur schwachem Absinken eine beständige Sc-Decke dominant.

Schauerartige, teils gewittrig verstärkte Regenfälle konzentrieren sich vor
allem auf einen Streifen vom Saarland bis in die Lausitz - quasi unmittelbar im
präfrontalen bzw. frontalen Bereich. Auch hier muss man weiterhin markanten
Starkregen mit mehr als 20 l/qm binnen 6h auf der Agenda haben. Die
Unwettersignale nehmen aber vor allem zur zweiten Nachthälfte hin deutlich ab,
so dass diese Gefahr größtenteils gebannt sein sollte. Das ist auch als Beleg
dafür zu werten, dass man für den unwetterartigen Starkregen wohl gewittrige
Verstärkungen benötigt.

In der Südosthälfte Bayerns sind auf der warmen Seite nur gebietsweise noch
Gewitterkomplexe unterwegs. Die Tiefstwerte liegen meist zwischen 18 und 12
Grad.

Donnerstag... nistet sich das Tief über Jütland ein. Zum Nachmittag stößt von
der Nordsee etwas höhenkältere Luft (T500 unter -15 Grad) in den Nordwesten vor
und löst einzelne Schauer aus. Da der Wind im Norden Schleswig-Holstein und an
der Nordsee ohnehin Bft 7 in Böen erreicht, kann es in Schauernähe auch mal die
ein oder andere stürmische Böe Bft 8 geben.
Die Kaltfront erreicht unterdessen das Erzgebirge, Mittelfranken und den
Hochrhein, womit der potential gefährdete Starkregen-/Gewitterbereich nach
Südosten hin immer schmaler wird. Der breit angelegte Trog über Südfrankreich
und Alpenraum in Tateinheit mit der frontal bedingten Hebung liefert aber
weitere Impulse, dass konvektive Umlagerungen nicht auf wenige Regionen
beschränkt bleiben und man vor allem zum tagesgangbedingten Maximum am
Nachmittag des Öfteren "ocker" vereinzelt "rot" aufgrund heftigen Starkregens
ins Kalkül ziehen sollte.

Im großen Rest des Landes sind Schauer die Ausnahme und die Wolken lockern im
Tagesverlauf immer mehr auf. In der eingeflossenen kühleren Meeresluft werden
angenehme 19 bis 23 Grad erreicht.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die grundlegenden Basisfelder werden von den gängigen Modellen ähnlich
simuliert. Auf die in der Regel konvektionsgebundenen Unterschiede wurde im Text
bereits eingegangen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen