DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-09-2021 07:31
SXEU31 DWAV 090800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 09.09.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SW Übergang zu BM

Schauer und Gewitter mit lokalem Starkregen, vereinzelt unwetterartig. Heute im
Osten und Norden noch sonnig, am Samstag von Westen her Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... zieht sich der zunächst über Mitteleuropa wetterbestimmende
Höhenrücken langsam nach Osten zurück und wir gelangen auf die Vorderseite eines
Troges über Westeuropa in eine südliche bis südwestliche Strömung mit der
feuchte und labile Warmluft zu uns gelangt. Von einem ersten Randtrog bleibt
nicht viel übrig, lediglich eine zyklonalere Struktur der Höhenströmung ergibt
sich daraus über dem Westen. Insgesamt wird aber der Trog über Westeuropa durch
eine weitere kurze Welle regeneriert. Der Osten wird dagegen noch von den
westlichen Ausläufern der Antizyklone beeinflusst.

An den Ausläufern des Tiefs über der Irischen See, Kaltfront (thermisch sehr
mau) und vorlaufende Konvergenz, sind schon aktuell Schauer und Gewitter über
Frankreich aktiv (einige Stationen mit mehr als 20 mm in einer Stunde, 2 x > als
25 mm). Während sich das Tief nur wenig verlagert, kommen die Tiefausläufer
weiter nach Nordosten voran und führen die Luftmasse in ihrem Bereich, die 20°C
Taupunkt zu bieten hat und PPW 40 mm in unsere Richtung.

Niedertroposphärisch breitet sich somit die feuchte und labil geschichtete
Luftmasse über die Südwesthälfte aus, allerdings halten sich die Hebungsantriebe
in Grenzen, was dann eher für ein vermindertes Potential konvektiver
Umlagerungen spricht. Zudem bleibt eine recht höhenmilde Luft mit 500 hPa
Temperaturen von -10 bis -13 Grad bestimmend, was die Labilität und somit die
möglichen CAPE-Werte limitiert.
Dank der deutlich steigenden Feuchte sind 500-1000 J/kg ML CAPE möglich. Im
Süden muss wahrscheinlich die Orografie zur Auslöse für die Gewitter mithelfen
(Alpenrand), während nach Westen zu auch abseits der Orografie die Entwicklung
von Schauern/Gewittern wahrscheinlich erscheint.
Bei geringer Zellverlagerung (850 hPa Wind 10 bis 20 Kt) ist Starkregen das
Hauptkriterium (meist markant, vereinzelt unwetterartig), wobei in den stärksten
Entwicklungen Hagel und stürmische Böen auftreten können.

Im Norden und Osten bleibt es sonnig und bis zum Abend trocken. Die Höchstwerte
liegen zwischen 22°C an den Küsten sonst werden stellenweise 29°C erreicht, in
der Südwesthälfte wird es schwül. Der Wind weht abseits der Konvektion schwach
bis mäßig aus Süd bis Südwest, im Nordosten aus Südost bis Ost.

In der Nacht zum Freitag schwächt sich die Konvektion alles in allem wieder ab.
Die wellende Kaltfront legt sich schleifend über den Nordwesten und Westen, die
vorlaufende Konvergenz kommt etwas nach Nordosten voran. Damit werden im Laufe
der Nacht auch größere Teile des Nordens und der östlichen Mitte von den
Schauern und vereinzelten Gewittern erfasst.
Während die Nacht ganz im Nordosten und Osten meist gering bewölkt verläuft,
ziehen sonst Wolken vorüber, sodass die Tiefstwerte mit 19 bis 15 Grad über der
Mitte und dem Westen mild ausfallen. Frischer wird es im Nordosten und im Süden
mit 13 bis 10 Grad. Wo es länger aufklart, kann sich wieder örtlich Nebel
bilden.


Freitag... kommt der Haupttrog bis Ostfrankreich und Benelux voran, während der
blockierende Höhenrücken über Osteuropa die Stellung hält und nur zögernd
weicht. Die Strömung bleibt trogvorderseitig auf Süd bis Südwest, am Boden dreht
sie mit Verlagerung des Tiefdruckgebietes in die Nordsee auf Südwest, womit
feuchtlabile, und weiter warme Luft (T850 11 bis 15°C) nach ganz Deutschland
gelangt. Allerdings kühlt es in 500 hPa um 1 bis 3K ab. Bei PPWs von 30 bis 40
mm und in der Höhe von Süd nach Nord ablaufenden Wellen erwartet uns ein
wechselhafter Tag mit Schauern und Gewittern.
Die labilste Luft findet sich im Tagesverlauf im Bereich der Konvergenz über dem
Osten und Norden, während die folgende Kaltfront teilweise schleifend nach wie
vor nur langsam Boden nach Osten hin gut macht.

Die einzelnen Schauer vom Vormittag entwickeln sich im weiteren Verlauf zu teils
kräftigen Gewittern, die dank geringer Scherung und Zellverlagerung besonders
mit Starkregen (markant bis lokal WU) einhergehen. Bei sehr geringen
Windgeschwindigkeiten sind auch fast stehende Zellen, vor allem über dem Süden
und der Mitte möglich, was örtlich das Starkregenpotential heraufsetzen dürfte.
Wegen der fehlenden Dynamik sind darüber hinaus lediglich stürmische Böen und
kleinkörniger Hagel zu erwarten.
Schwerpunkt der Konvektion sollten insgesamt in der Nordwesthälfte liegen, aber
auch nach Süden und Südosten sind einzelne Gewitter zu erwarten, nicht nur über
dem Bergland.
Am wenigsten passiert konvektiv im Südwesten, wo die Schichtung dank
niedertroposphärischer Kaltluftadvektion stabilisiert, und im Bereich der
Kaltfront lediglich ein paar Schauer, eventuell schauerartiger Regen fällt.
Die Sonne ist vor allem im Westen und Nordwesten Mangelware, der äußerste Osten
und Südosten erlebt einen teilweise freundlichen Tag, erst abends mit Gewittern,
und der Rest sortiert sich dazwischen ein.

Die Höchstwerte liegen zwischen 22°C im Westen und bis 28°C örtlich im Osten,
wobei es generell recht schwül werden dürfte. Der Wind weht schwach bis mäßig
aus Süd bis Südwest.

In der Nacht zum Samstag nähert sich der Trog weiter an, das Bodentief weitet
sich über Südskandinavien nach Osten und die schwache Strömung dreht auf
westliche Richtungen. Somit überquert dann auch die Kaltfront Deutschland
langsam nach Osten, womit auch die instabilste und feuchteteste Luft nach Osten
und Nordosten zurückgedrängt wird. Es kommt zu weiteren, aber nachlassenden
Schauern und Gewittern, die sich schwerpunktmäßig in die genannten Regionen
zurückziehen. Von Westen her beruhigt sich das Wetter mit dem Einfließen
gemäßigterer Luft, während mit der Trogachse in Verbindung stehende einzelne
Schauer, wohl kaum Gewitter auf den Westen und Nordwesten übergreifen.

Die Luft kühlt auf 17 bis 11 Grad ab, stellenweise bildet sich bei längerem
Aufklaren wieder Nebel.


Samstag... kommt der abflachende Höhentrog über dem Vorhersagegebiet zögernd
nach Osten voran, derweil sich rückseitig ein Höhenrücken von Frankreich her
allmählich in den Südwesten Deutschlands ausweitet. Trogvorderseitig wird die
potenziell instabile und feuchte Luftmasse im Osten und äußersten Südosten nur
zögernd nach Osten verdrängt. Dort können - etwas Einstrahlung vorausgesetzt -
über 500 J/kg ML-Cape generiert werden; bei vor allem in Vorpommern und
Brandenburg zunächst hohen PPW-Werten von 30 bis nahe 40 mm.
Die Folge sind kräftige Gewitter, vor allem mit Potenzial für markanten
Starkregen, Unwetter aufgrund der geringen Zuggeschwindigkeit nicht
ausgeschlossen.
Schauer, bei denen es vereinzelt mal blitzen kann, gibt es ansonsten vor allem
bei der durchschwenkenden Trogachse, an die ein flacher Bodentrog gekoppelt ist.
Die Luftmasse ist dort gemäßigter; die PPW-Werte gehen zurück und es werden nur
wenige 100 J/kg ML-Cape generiert.
Im Westen und Südwesten klingen die Schauer nach Passage des Troges ab, vor
allem im Südwesten macht sich die allmählich verstärkende Hochdruckbrücke über
Süddeutschland bemerkbar und es kann sich länger die Sonne durchsetzen.

Mit etwas auffrischendem West- bis Südwestwind (unterhalb jeglicher
Warnrelevanz) folgt von Westen erwärmte Meeresluft. Die Temperatur sinkt in 850
hPa auf etwa 10 Grad. Je nach Sonne reicht es für Höchstwerte von 20 bis 25
Grad.

In der Nacht zum Sonntag führt der nach Süddeutschland gerichtete Hochkeil über
dem Süden und der Landesmitte zu einer weiteren Wetterberuhigung. Die letzten
Schauer nach Osten hin klingen ab und bei teils stärker auflockernder, oder
geringer Bewölkung bildet sich gebietsweise dichter Nebel.
Nach Norden hin gestaltet sich der Ablauf noch wechselhaft mit dichteren Wolken,
Schauern und vor allem an den Küsten kurzen Gewittern. Hier wirkt sich die Nähe
zum über Skandinavien nach Osten ziehenden Tief aus, gestützt durch einen
kurzwelligen Höhentrog, der über die Nordsee und Dänemark ebenfalls mit Ostkurs
unterwegs ist.


Modellvergleich und -einschätzung
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Der großräumige Ablauf steht weitgehend außer Frage. Die Details hinsichtlich
der konvektiven Niederschläge bleiben unsicher. Beispielsweise werden die
Konvektionsschwerpunkte am heutigen Tag in den letzten Läufen des ICON D2 EPS
über dem Westen nach Süden zurückgerechnet. Die lokalen Starkregenereignisse,
punktuell sicher auch Unwetter, reichen nicht für eine Unwetterlage auf die mit
Vorabinformationen hingewiesen werden müsste.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner