DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-08-2021 07:30
SXEU31 DWAV 230800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 23.08.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang zu HB bzw. Na, ab Mittwoch dann Nz
In der östlichen Mitte bis in die kommende Nacht hinein Stark- bzw. Dauerregen
(UNWETTER). In der Südhälfte heute noch einzelne Gewitter. Ansonsten nur
vorübergehende Wetterberuhigung ohne markante Wetterereignisse, am Mittwoch an
den Küsten aufkommende stürmische Böen.


Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... und auch an den Folgetagen bleibt das Strömungsmuster über West- und
Mitteleuropa stark meridional geprägt mit einem umfangreichen und auch breit
angelegten Höhenrücken, der über dem nahen Ostatlantik nordnordostwärts Richtung
Island bzw. Nordmeer gerichtet ist und sich im Tagesverlauf noch ein wenig
Richtung Britische Inseln ausweitet. Dabei reicht ein flacher Höhenkeil über die
Nordsee bis zur südlichen Ostsee. Im Bodenfeld stützen Rücken und Keil eine
ausgedehnte, von den Britischen Inseln bis nach Norwegen und Schweden reichende
Hochdruckzone. Diese weitet sich ihrerseits ebenfalls etwas nach Osten aus und
erfasst auch Dänemark bzw. die südwestliche Ostsee. An deren Südflanke gelangt
zunehmend trockene, aber nur mäßig warme (T85 hPa um 6 Grad) Festlandsluft in
den Norden und Nordwesten Deutschlands. Von Ostvorpommern bis ins nördliche
Niedersachsen scheint aktuell bereits bei nur wenigen Wolken die Sonne, im
Tagesverlauf setzten sich die Wolkenauflockerungen dann vor allem nach Westen zu
allmählich weiter südwärts durch.
Als Konterpart fungiert ein breit angelegter Höhentrog, der über
Nordskandinavien bis in den Nordwesten Russlands reicht und von dem aus ein
Randtrog über das östliche Mitteleuropa aktuell noch bis in den Südwesten des
Vorhersagegebietes gerichtet ist. Dabei ist das Drehzentrum dieses Randtroges
durch ein Höhentief gekennzeichnet, das sich mit seinem Drehzentrum aktuell in
etwa über dem Erzgebirge befindet und zunächst nur wenig Verlagerungstendenz
aufweist. In der kommenden Nacht kommt es in etwa bis zum Riesengebirge voran.
Im Bodenfeld korrespondiert das Höhentief mit einem Bodentief über Südpolen, das
sich ebenfalls nur langsam nach Osten verlagert und sich allmählich auffüllt, so
dass das Höhentief mehr und mehr die Eigenschaften eines Kaltlufttropfens (KLT)
annimmt. Die zonal ausgerichtete, anfangs noch über das Erzgebirge bis in den
zentralen Mittelgebirgsraum reichende und mit feuchten Luftmassen angefüllte
Tiefdruckrinne kommt zögernd nach Südosten voran. An deren Nordflanke spielen
sich dabei heute und auch in der kommenden Nacht noch intensive Hebungsprozesse
ab, die sowohl PVA als auch WLA geschuldet sind und für länger anhaltende sowie
ergiebige Regenfälle sorgen, die teilweise noch konvektiv durchsetzt sind.
Betroffen sind vor allem die Südhälfte Brandenburgs, weite Teile Sachsens, der
Südosten Sachsen-Anhalts, Ostthüringen sowie der Nordosten Bayerns. Dort werden
bis zum Abend nochmals 15 bis 35 l/qm in 12 Stunden simuliert. Entsprechend sind
diese Regionen zumindest mit markanten, größtenteils sogar mit Unwetterwarnungen
vor Dauerregen versehen, wobei sich die Niederschläge im weiteren Tagesverlauf
im Westteil des bewarnten Gebietes etwas an Intensität verlieren, allmählich
südostwärts verlagern und abgeschwächt über die Osthälfte Bayerns bis zum Abend
Richtung Alpen gedrückt werden, dort aber nicht mehr warnrelevant sind.
Ansonsten bleibt in der Mitte und im Süden des Landes heute noch die dorthin
advehierte feuchte und indifferent bis leicht labil geschichtete Luftmasse
wetterbestimmend, wobei sich von Nordwesten her nur zögerlich die etwas
trockenere Festlandluft "einmischen" kann. Mit etwas Einstrahlung labilisiert
die Luftmasse im Tagesverlauf, wobei kaum mehr als 100 bis 150 j/kg ML-Cape
simuliert werden bei PPW-Werten zwischen 25 und 30 mm. Die Folge ist ein
leichtes Aufleben der Schauertätigkeit im Tagesverlauf (auch aktuell sind
bereits einige Schauer unterwegs), wobei auch kurze Gewitter nicht
ausgeschlossen sind. Kleinräumig kann es auch mal für Starkregen reichen, die
Luftmasse ist aber bereits so limitiert, dass die Unwettergefahr - im Gegensatz
zu gestern - nur als äußerst gering einzustufen ist.
Ansonsten bleibt noch zu konstatieren, dass sich an der Nordflanke der
Tiefdruckrinne mit dem sich verstärkenden Hoch weiter nördlich vor allem über
dem Nordosten und Osten des Landes ein recht veritabler Gradient einstellt.
Entsprechend frischt der Wind aus Nordost auf, vor allem in Ostvorpommern und im
Norden Brandenburgs kann es in freien Lagen auch für steife Böen (Bft 7)
reichen. In den Gipfellagen des Erzgebirges und Thüringer Waldes sowie auf dem
Brocken muss mit einzelnen stürmischen Böen gerechnet werden.
Die höchsten Temperaturen dürften heute mit 23 bis 24 Grad im sonnigen
Nordwesten (Emsland) erreicht werden, eventuell auch entlang des Oberrheins, wo
es ebenfalls kaum mehr für Schauer reicht. Im Dauerregen in Sachsen werden
dagegen kaum die 17 Grad überschritten.

In der Nacht zum Dienstag weitet sich die Hochdruckzone weiter nach Süden,
Richtung Nord- und Nordwestdeutschland aus. Die Tiefdruckrinne zieht sich
südostwärts zurück und füllt sich weiter auf, wobei die Regenfälle an deren
Nordflanke vor allem nach Lesart des ICON-EU in Ostsachsen weiterhin
warnrelevante Mengen (20 bis 35 l/qm in 12 Stunden) erreichen, während GFS und
IFS den Schwerpunkt eher weiter östlich und in dieser Region nur noch 5 bis 15
l/qm simulieren. Eventuell steht also für diese Regionen noch eine Verlängerung
der Unwetterwarnung ins Haus, wobei die probabilistischen Verfahren (ICON-EU-EPS
bzw. ICON-D2-EPS) nur noch relativ geringe Wahrscheinlichkeiten für
entsprechende Mengen auf der Agenda haben. Somit könnte als Verlängerung auch
eine markante Warnung ausreichen, wenn überhaupt. Zumindest sollte noch der 06
UTC-Lauf des ICON-EU abgewartet werden.
In den übrigen Regionen verlieren die Niederschläge aber deutlich an Intensität,
lediglich am Alpenrand können in Staulagen noch gebietsweise mehr als 10 l/qm
fallen.
Im Norden und Westen bleibt es dagegen überwiegend trocken und auch in den
mittleren Landesteilen klingen eventuelle Schauer rasch ab. Vor allem im Norden
und Nordwesten verläuft die Nacht vielerorts gering bewölkt oder wolkenlos, auch
im Westen und Südwesten lockern die Wolken zusehends auf, dort kann sich in der
noch etwas feuchteren Luftmasse gebietsweise Nebel bilden.
Der Gradient fächert nur zögernd auf, tagesgangbedingt nimmt der Wind in den
Niederungen aber rasch ab, in einigen Gipfellagen kann es aber noch steife bis
stürmische Böen aus Nordost geben.
Vor allem in den gering bewölkten Regionen fällt die Nacht mit Tiefstwerten
zwischen 10 und 5 Grad herbstlich frisch aus, etwas milder bleibt es an den
Küsten sowie in den bedeckten Regionen mit 14 bis 9 Grad.


Dienstag... kann sich der über die Nordsee ins nördliche Mitteleuropa gerichtete
Höhenkeil etwas verstärken und nach Osten ausweiten. Er stützt - zusammen mit
dem umfangreichen Höhenrücken über West- und Nordwesteuropa, der durch einen ins
Nordmeer gerichteten Trogvorstoß ins einem Nordostteil allerdings abgebaut wird,
weiterhin die Hochdruckzone im Bodenfeld, die allerdings über Skandinavien
zusehends abgebaut wird, eine zonalere Ausrichtung annimmt und sich im
Tagesverlauf von einem umfangreichen Hochdruckgebiet über den Britischen Inseln
zunehmend nach Mitteleuropa ausweitet.
Das Höhentief bzw. der KLT über dem Süden Polens verliert zunehmend an Kontur
und ist zu Tagesende nur noch als Teil eines über Ost- und Südpolen bis nach
Norditalien reichenden Randtroges auszumachen. Entsprechend füllt sich auch die
Tiefdruckrinne im Bodenfeld rasch auf und es stellt sich im gesamten
Vorhersagegebiet eine nordöstliche Grundströmung ein, innerhalb derer sich die
trockene und mäßig warme Festlandsluft allmählich südwestwärts vorarbeiten kann.
Entsprechend kommt die Niederschlagstätigkeit im Tagesverlauf fast überall zum
Erliegen, lediglich im Südosten und Süden Bayerns, wo die feuchtere Luftmasse
mit dem Nordostwind noch gegen die Alpen gedrückt wird, kann es auch am
Nachmittag noch leichte Regenschauer geben.
Während es von Sachsen bis nach Bayern noch meist wolkig, vor allem im Süden und
Südosten Bayerns auch oft stark bewölkt bleibt, kann sich sonst innerhalb der
trockenen und stabil geschichteten Luftmasse zunehmend die Sonne durchsetzen.
Bei 5 bis 9 Grad in 850 hPa werden Höchstwerte zwischen 16/17 Grad am Alpenrand
und 23, vielleicht 24 Grad mit viel Sonne in der Norddeutschen Tiefebene
erreicht.
Mit der Ausweitung des Hochs nach Norddeutschland fächert der Gradient im
Nordosten auf, während er sich im Süden verschärft. Vom Bodensee bis ins
Schweizer Mittelland kommt Bise auf, auch in Südbaden weht lebhafter
Nordostwind. Ob es für warnrelevante Böen reicht, ist aber fraglich, In einigen
Hochlagen (Hochschwarzwald, anfangs auch noch Erzgebirge, Thüringer Wald und
ostbayerische Mittelgebirge) muss aber mit steifen bis stürmischen Böen
gerechnet werden.

In der Nacht zum Mittwoch stößt der Höhentrog über dem Nordmeer Richtung
Skandinavien vor. Dadurch wird der ins nördliche Mitteleuropa gerichtete
Höhenkeil nach Süden, ins Vorhersagegebiet gedrückt. Ähnliches widerfährt auch
dem Bodenhochkeil, dessen Achse Mittwochfrüh etwa von NRW bis ins Vogtland
reicht. Nördlich davon dreht die Grundströmung über Norddeutschland bereits
wieder auf West bis Nordwest, wobei die Warmfront eines mit dem Höhentrog
korrespondierenden, zum Bottnischen Meerbusen ziehenden und sich deutlich
vertiefenden Tiefs morgens bereits auf Dänemark übergreift. Im Vorfeld werden
die Wolken im Norden des Landes im Laufe der Nacht bereits wieder dichter, es
bleibt aber noch weitgehend trocken.
Ganz im Südosten lockern die Wolken nach wie vor nur zögernd auf, da an der
Südflanke des Keils mit frischem Ost- bis Nordostwind (im Hochschwarzwald
eventuell mit Böen Bft 8 bis 9) die feuchte Luft nach wie vor gegen die Alpen
und auch Richtung Hochrhein/Südbaden gedrückt wird. Die Niederschlagstätigkeit
dürfte dort aber endgültig zum Erliegen kommen. Ansonsten ist der Himmel aber
vielerorts klar oder nur gering bewölkt, wobei sich innerhalb der teils noch
recht feuchten Grundschicht Nebel bilden kann. Es wird erneut herbstlich frisch,
in einigen Mittelgebirgstälern sinken die Werte auf unter 5 Grad. Sonst werden
11 bis 6 Grad erreicht, an den Küsten bleibt es milder.

Mittwoch... weitet sich der Höhentrog über Skandinavien südwärts bis zur
südlichen Nordsee bzw. Nordpolen aus, abends erreicht dessen Drehzentrum bereits
die mittlere Ostsee. Das korrespondierende Bodentief kann sich zunächst noch
etwas vertiefen (auf unter 1000 hPa Kerndruck), befindet sich abends nahezu
achsensenkrecht unterhalb des Höhentiefs und hat dann seinen Zenit
überschritten. Dessen Warmfront greift im Tagesverlauf auf Norddeutschland über,
wobei sich im Vorfeld die dichteren Wolkenfelder auch bis in die "nördliche
Mitte" ausweiten dürften. Sie bringt aber nur wenig Regen, am ehesten an den
Küsten sowie im Nordosten (nur wenige mm). Die Kaltfront kommt zunächst nur
schleppend nach Süden voran und erreicht erst gegen Abend den äußersten Norden
des Landes.
Mit Annäherung des Tiefs bzw. des Frontensystems verschärft sich allerdings der
Gradient und der Wind frischt im Norden bzw. Nordosten deutlich aus West bis
Nordwest auf. Bis ins küstennahe Binnenland reichend gibt es am Nachmittag
steife Böen (Bft 7), an exponierten Küstenabschnitten, insbesondere
Nordfrieslands und der vorpommerschen Ostseeküste auch stürmische Böen (Bft 8).
Die Südhälfte des Landes verbleibt dagegen im Einflussbereich des Hochkeils,
dessen Divergenzachse abends etwa von der Eifel bis nach Ostbayern reicht. Vor
allem entlang und südlich von Main und Mosel scheint somit vielerorts die Sonne,
auch am Alpenrand und in Südbaden lockern die anfangs noch teils dichteren
Wolken mehr und mehr auf. Auch, wenn es niedertroposphärisch zögernd etwas
milder wird (T850 hPa steigt auf 7 bis 10 Grad), vollzieht die Temperatur (mit
Ausnahme der Alpen und des Alpenvorlandes) aufgrund der stabilen Schichtung im
Bodenfeld gegenüber dem Vortag keine großen Sprünge. Somit liegen die
Höchstwerte allgemein - je nach Sonne - zwischen 18 und 24 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag zieht das nun hochreichende Tiefdruckgebiet
allmählich weiter Richtung Baltikum. Rückseitig weitet sich der westeuropäische
Höhenrücken wieder Richtung Norwegische See und Nordmeer aus und das Bodenhoch
Richtung Nordskandinavien. Mit der zunehmend von Nordest auf Nord drehenden
Grundströmung kommt die Kaltfront des Tiefs nun rasch nach Süden voran und
erreicht morgens bereits die mittleren Landesteile. Sie erweist sich als "stabil
aktiv", da die Höhenkaltluft sehr viel später folgt und erst in den Frühstunden
zumindest den Nordosten Deutschlands streift. Dazu wird die frontale Hebung kaum
dynamisch gestützt. Somit fällt mit Frontpassage zwar vor allem nach Osten zu
gebietsweise schauerartiger Regen (nach GFS und IFS etwas mehr und verbreiteter
als nach Lesart des ICON-EU), die Mengen bleiben aber mit weniger als 5 mm in 12
Stunden mehr als überschaubar. Ob es postfrontal in den Frühstunden ganz im
Nordosten in der Höhenkaltluft schon für einzelne Schauer oder gar kurze
Gewitter reicht, ist fraglich.
Der Gradient fächert mit Frontpassage vorübergehend etwas auf, so dass der Wind
ein wenig abflaut, an den Küsten, insbesondere der Nordsee, kann es aber noch
steife Böen aus Nord bis Nordwest geben.
Im Süden bleibt es präfrontal noch trocken, allerdings werden auch dort die
Wolken dichter. Der Kaltfront folgt ein Schwall skandinavischer Kaltluft, die
Temperatur in 850 hPa sinkt auf 3 bis 6 Grad. Dennoch fällt die Nacht aufgrund
der meist dichten Wolken mit Tiefstwerten zwischen 13 und 7 Grad milder aus als
die Vornacht, lediglich an den Alpen kann es bei noch längerer Zeit geringer
Bewölkung etwas frischer werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Unterschiede, die simulierten Regenmengen für die kommende Nacht in
Ostsachsen betreffend, wurden bereits im Text angesprochen. Wahrscheinlich wird
dem in Form einer markanten Warnung im Abschluss an die Unwetterwarnung Rechnung
getragen, der 06 UTC-Lauf wird aber noch abgewartet.
Ansonsten fahren die Modelle bis Mittwoch eine einigermaßen einheitliche Linie.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff