DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-08-2021 18:01
SXEU31 DWAV 211800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 21.08.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Au revoir FRIDOLIN, bienvenue MANFRED. Das Hoch geht, das Tief kommt mit
schauerartigen Regenfällen und teils kräftigen Gewittern. Ab
Sonntagnachmittag/-abend im Nordosten gebietsweise länger andauernde, teils
gewittrige bzw. mit Starkregen durchsetzte Regenfälle (Unwetter (extrem?)).

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... beginnt sich die Wetterlage ganz allmählich umzustellen. Druckfall
zeigt an, welche Richtung eingeschlagen wird, und tatsächlich verlagert das
heute wetterbestimmende Hoch FRIDOLINE seinen Schwerpunkt (etwas unhöflich
ausgedrückt, aber nun) peu a peu nach Osten, gefolgt vom korrespondierenden
Höhenrücken. Gleichzeitig nähert sich ein Höhentrog mit eingelagertem
Drehzentrum (00 UTC über Südengland) und zugehörigem, leicht rinnenartigen
Doppeltief (passend zum BL-Spieltag "Manni er Libero", nee MANFRED natürlich),
das seine Fühler via Benelux bis zu uns ausstreckt. Der gute MANFRED verfügt
sowohl über eine Kaltfront als auch über eine vorlaufende Konvergenz. Das
Hauptniederschlaggebiet allerdings ist an ein bogenförmiges PVA-Maximum auf der
diffluenten Vorderseite des Höhentroges gekoppelt, das im Laufe der Nacht auf
die westlichen Landesteile sowie Teile der Mitte übergreift.

Da mit Winddrehung auf Süd bis Südwest zudem immer feuchtere (PPW 30 bis nahe 40
mm) und instabil geschichtete Biskayaluft (mehrere hundert Joule pro Kilogramm
MU-CAPE) advehiert wird, sind schauerartige Regenfälle und (abgehobene) Gewitter
vorprogrammiert, die bereits in der ersten Nachthälfte übergreifen. Vor allem
nach Südwesten hin sind bei solider Scherung (LLS um 10 m/s, DLS 15 bis 20 m/s)
linienartig organisierte Strukturen drin, trotzdem hält sich die Unwettergefahr
in Grenzen. In der Basis sollte von markanten Gewittern mit Starkregen bis 25
l/m² innert kurzer Zeit, Böen 8 Bft (im Südwesten vielleicht 9 Bft) und nur
kleinkörnigem Hagel ausgegangen werden. Wenn lokal Unwetter, dann am ehesten
durch Starkregen > 25 l/m²/h, auch wenn das Ganze zieht.

Weite Teile Norddeutschlands sowie der Osten und Südosten bleiben von der
zyklonalen Attacke MANFREDS bis zum Morgen noch verschont, auch wenn der Anteil
an hohen und mittelhohen Wolkenfeldern zunimmt.

Sonntag ... sind dann auch die restlichen Landesteile dran mit der
Wetterumstellung. Der Rücken von FRIDOLINE wird relativ zügig und uncharmant
nach Osten durchgereicht und auch am Boden fällt der Luftdruck weiter.
Doppeltief MANFRED legt sich - stark elliptisch geformt und eher einer Rinne
gleichend - zonal mitten über die Nordhälfte der Republik, während gleichzeitig
das Drehzentrum des weiterhin progressiven Höhentrogs auf den Westen übergreift
und am Abend (18 UTC) wahrscheinlich über Hessen zu finden ist. Die stärksten
synoptisch-skaligen Hebungsprozesse finden an der Ost- und Nordflanke des
Höhentiefs statt (vor allem durch PVA, im Norden zusätzlich noch Antriebe durch
konfluente Winde in der Rinne), aber auch im Süden sind Impulse auszumachen, die
allerdings durch KLA teilkompensiert werden.

Wie auch immer, Fakt ist, dass die teilokkludierte Kaltfront insbesondere über
der Mitte ostwärts vorankommt, während sie im Süden merklich zurückhängt.
Rückseitig gelangt ein Schwall weniger warme (T850 auf 8/9°C) und auch weniger
feuchte (PPW unter 30 mm), durch die Nähe zum Höhentief aber weiterhin labil
geschichtete Atlantikluft in weite Teile des Vorhersageraums, in der sich nach
einer kurzen morgendlichen Pause neue Gewitter in Form von überwiegend markanten
Einzel- oder Multizellen bilden (Starkregen, Böen 8-9 Bft, kleinerem Hagel).
Lokale Unwetter sind am ehesten durch Starkregen denkbar (> 25 l/m² pro Stunden,
aber auch mehrstündig durch wiederholte Gewitter > 35 l/m²). Am Nachmittag und
Abend ist im Westen und Südwesten eine gewisse Wetterberuhigung auszumachen.

Die kräftigsten Gewitter sind nach Zutatenmethode im Süden und Südosten zu
erwarten, wo der Luftmassenwechsel zuletzt erfolgt. Zwar ist die Labilität nicht
überbordend ausgeprägt, dafür ist die Luft sehr feucht (bis in den Nachmittag
hinein PPWs über 30 mm) und gut geschert (LLS um 10 m/s, DLS gebietsweise 20 bis
25 m/s). Trotz moderater CAPE-Werte meist unter 500 J/kg sind in linienartigen
Strukturen Unwetter möglich durch heftigen Starkregen und/oder Hagel bis zu 2-3
cm, dazu (schwere) Sturmböen.

Neuralgisch ist auch ein Streifen im Norden und Osten, der etwa von
Niedersachsen über Sachsen-Anhalt bis hinüber nach BB reicht. Dort stellen sich
im Bereich der sich etablierenden Rinne zunehmend stationäre Verhältnisse ein,
was nicht nur die Starkregengefahr innerhalb der Gewitter, sondern gebietsweise
auch mehrstündigen Starkregen respektive - vor dem Hintergrund weiterer
Regenfälle bis in den Montag hinein - Dauerregen bis hin zu Unwetter auf den
Plan ruft. Ggf. sollte hier am Sonntagvormittag eine Vorabinfo gezogen werden.

Außen vor bleiben wahrscheinlich die küstennahen Regionen einschließlich des
größten Teils von SH, wo aus dem Hoch über der Norwegischen See ausfließende
stabilere und vor allem trockenere Luft keine nennenswerten Wettererscheinungen
zulassen. Insbesondere Richtung Vorpommersche Küste stehen die Chancen auf
sonnige Abschnitte gar nicht mal so schlecht. Die Temperatur erreicht
Höchstwerte von 18 bis 24°C, im Osten lokal 25°C.

In der Nacht zum Montag zieht das Höhentief über die Mitte Deutschlands in
Richtung Tschechien. Dabei geht die Bindung zur sich ganz allmählich
auffüllenden Rinne über Norddeutschland mehr und mehr verloren, was dem
Höhentief den Titel "Kaltlufttropfen" einbringt. Erkennbar ist das auch auf den
diagnostischen Prognosekarten, die die KLA eindeutig auf der Vorder-, die WLA
auf der Rückseite zeigen.

Die stärksten Hebungsprozesse treten auf der Nord- und Westflanke des KLTs auf,
wobei sie gut mit der konfluenten Strömung innerhalb der Rinne harmonieren. Da
gleichzeitig in diesen Regionen die wasserdampfhaltigste Luft zu finden ist (PPW
über 30 mm) und der KLT nur langsam zieht, muss etwa vom östlichen und
südöstlichen Niedersachsen über Sachsen-Anhalt bis hinüber nach BB, vielleicht
auch noch bis nach Sachsen mit starken und z.T. länger andauernden Regenfällen
gerechnet werden. Dabei sind insbesondere eingangs der Nacht auch noch Gewitter
am Start, bevor die Gewitterneigung im weiteren Verlauf abnimmt. Zwar
divergieren die Modelle noch etwas hinsichtlich Intensität und genauer
räumlicher Verteilung der Niederschläge, aber so riesig sind die Unterschiede
gar nicht. COSMO-D2-EPS bietet für BB gebietsweise 12-h-Mengen von 40 bis 70
l/m2 bis zu 70% und bis zu 40% für über 70 l/m² an.

Ansonsten macht sich in Deutschland eine zunehmende Stabilisierung bemerkbar und
die anfänglich noch auftretenden Regenfälle und Gewitter schwächen sich immer
mehr ab bzw. hören ganz auf.

Montag ... verweilt der KLT lange Zeit über Tschechien mit nur geringer
Ostverlagerung. Der zugehörige Trog hängt nach Südwesten zurück bis nach
Frankreich, während der Rücken über dem nahen Atlantik einen Keil via Nord- gen
Ostsee sendet. Deutschland gelangt dabei unter eine relativ schwache nördliche
Höhenströmung, in der im Tagesverlauf keine substanziellen Hebungsimpulse mehr
erkennbar sind.

Trotzdem, gerade in der ersten Tageshälfte kommt es auf der Nord- und Westflanke
des KLTs noch zu weiteren schauerartig verstärkten und teils gewittrigen
Regenfällen. Der Schwerpunkt dürfte in BB und/oder Sachsen, bedingt auch noch in
Thüringen zu finden sein, wo am Vormittag gebietsweise bis zu 30 l/m² innert 6 h
fallen können. Sollte am morgigen Sonntag eine Dauerregenwarnung herausgegeben
werden, was wahrscheinlich ist, sollte man den Montagvormittag auf alle Fälle
mit in den Gültigkeitszeitraum nehmen. Im Laufe des Nachmittags nimmt die
Intensität der Regenfälle ab, während sie sich gleichzeitig - wenn auch nur
langsam - südostwärts zurückziehen.

Ansonsten lässt sich konstatieren, dass von Nordwesten her eine merkliche
Stabilisierung und Abtrocknung erfolgt. Neben dem Potenzial steigt auch der
Luftdruck, weil sich das Zentrum des Hochs von der Norwegischen See in Richtung
UK/Irland verlagert. Mit auf Nord bis Nordost drehendem, mitunter böig
auflebendem Wind wird vergleichsweise kühle oder sagen wir besser mäßig warme
Luft in die Nordhälfte gesteuert, in der T850 auf 7/6°C zurückgeht. Da sich aber
die Sonne von Norden her mehr und mehr durchsetzen kann, reicht es in 2 m Höhe
für Höchstwerte von 19 bis 24°C. In den anderen Regionen wird es nicht wärmer
und dort, wo es noch längere Zeit regnet, eher noch etwas kühler.

In der Nacht zum Dienstag setzen sich die trockenen Luftmassen aus dem Norden
immer mehr auch im Süden durch, so dass das Areal mit Regenfällen immer kleiner
wird. So dürfte es z.B. in Sachsen spätestens ab Mitternacht weitgehend trocken
bleiben, während es im Süden und Südosten Bayerns noch bis in die Morgenstunden
regnet. Am östlichen Alpenrand sind mit Stau sogar bis zu 20, vereinzelt
vielleicht sogar 25 l/m² innert 12 h möglich. Dagegen klart es im Norden und
Westen des Vorhersageraums vielerorts auf, was die Temperatur häufig in den
einstelligen Bereich bis zu 6°C (Mittelgebirge) zurückgehen lässt.

Dienstag ... weitet sich das Bodenhoch noch etwas nach Osten aus, während sich
in der Höhe - bei schwachem Gradienten - eine Trogkonfiguration hält. Diese kann
aber nicht viel ausrichten, da sich mit nordöstlichem Wind die trockene und
stabile Luft fast überall durchsetzt. Im Klartext bedeutet das verbreitet
"heiter bis wolkig, trocken, 18 bis 24°C" - der Klassiker unter den
Wetterberichten. Lediglich von den Alpen bis hinüber zum Erzgebirge sind
weiterhin Wolken in der Vorhand, die in Südostbayern auch noch Regen bringen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Im Großen und Ganzen simulieren die Modelle die beschriebene Entwicklung
ähnlich. Unsicherheiten gibt es vor allem noch hinsichtlich der Stark- und
Dauerregenfälle ab morgen Nachmittag/Abend (und bis Montag andauernd) im Osten
und Nordosten. Hier besteht die Hoffnung, dass sich die Prognosen bis
Sonntagmorgen noch etwas annähern, um eine mögliche Vorabinformation nicht zu
großflächig werden zu lassen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann