DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-08-2021 07:01
SXEU31 DWAV 200800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 20.08.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
H Na
Heute und am Samstag keine markanten Wettergefahren. In der Nacht zum Sonntag
von Westen aufkommend Gewitter; Unwettergefahr durch heftigen (teils
mehrstündigen) Starkregen, im Laufe des Sonntags weiter ostwärts ausgreifend. In
der Nacht zum Montag dann im Norden und in Teilen der Mitte sowie ganz im
Südosten teils mehrstündiger Starkregen, am Alpenrand auch Dauerregen, Unwetter
nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegt Deutschland an der Südflanke eines Langwellentroges, der sich
über Skandinavien festgesetzt hat. Dieser wird von einem markanten, vor allem in
höheren Troposphärenschichten (300 hPa) ausgeprägten Kurzwellentrog umlaufen.
Letzterer überquert Deutschland ostwärts und hat zur tagesgangsbedingt
interessantesten Zeit bereits die Oder passiert. Vorderseitige Hebung, die aus
positiver Vorticityadvektion resultiert, führt im Norden und Osten zu
schauerartigen Niederschlägen, um die Mittagszeit sind ganz im Osten auch
einzelne Gewitter nicht auszuschließen, ohne das markante Warnschwellen erreicht
werden. Danach setzt auch dort wie in den anderen Gebieten zuvor im Randbereich
eines sich von den Britischen Inseln her annähernden Rückens (der sich als Keil
bis nach Ostgrönland erstreckt) und im Bereich einer schwachen Hochbrücke
Absinken ein. Da die Achse dieser Brücke sich von der Biskaya über den Alpenraum
hinweg bis zu den Karpaten erstreckt, dürften über dem Süden Deutschlands die
Wolken am ehesten auflockern. Aber auch sonst sollten mehr und mehr Wolkenlücken
zustande kommen. Die Temperatur steigt auf 19 bis 24, in tieferen Lagen
Süddeutschlands auf Werte um oder etwas über 25 Grad.

In der Nacht zum Samstag arbeitet sich der Rücken nur wenig nach Osten vor, so
dass dessen Achse unmittelbar westlich von Deutschland verbleibt. Schwache
Kaltluftadvektion führt noch zu einer leichten Kräftigung des Bodenhochs, das
nunmehr einen Schwerpunkt über dem Alpenraum und Süddeutschland aufweist. Die
Luftdruckgegensätze sind jedoch gering, verbreitet klart es auf, so dass sich
mit höherer Wahrscheinlichkeit als in den Nächten zuvor flache Nebelfelder
bilden können.

Samstag... greift der Rücken unter Abflachung auf Deutschland über. Der
nachfolgende und dabei austropfende Trog erreicht bereits die Britischen Inseln,
so dass sich eine Verkürzung der Wellenlänge ergibt. An der Vorderseite des
Cornwall erreichenden Cut-Off-Tiefs gelangt wärmere Luft nach Deutschland. Durch
den Rücken wird weiterhin ein Hoch mit Schwerpunkt über dem Alpenraum gestützt,
so dass im Süden und meist auch über der Mitte Absinken andauert und keine
nennenswerte Wolkenbildung zustande kommt. Der Nordwesten und Norden wird jedoch
von meist Sc-artigen Wolkenfeldern gestreift, die von der Nordsee eingesteuert
werden, ohne dass aber Niederschläge fallen. Somit reicht es in diesen Gebieten
nur für Höchsttemperaturen zwischen 20 und 24 Grad, an der See auch etwas
darunter. Ansonsten steigt die Temperatur auf 25 bis 29 Grad.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich das Cut-Off-Tief zum Ostausgang des
Ärmelkanals und "unterwandert" somit faktisch den sich zum Nordmeer aufwölbenden
Keil. Der wetterbestimmende Rücken wird nach Osten abgedrängt. An der
Vorderseite des Tiefs wird feuchtlabile Luft in den Westen Deutschlands geführt.
Der Gehalt an niederschlagbarem Wasser steigt auf 30 bis über 35 mm, CAPE (KK)
erreicht im Süden 1000 bis 2000 J/kg; zudem kommt verstärkt Hebung auf. Dies
lässt schauerartige und von Gewittern durchsetzte Niederschläge auf den gesamten
Westen Deutschlands übergreifen, wobei Unwettergefahr durch teils mehrstündigen
Starkregen besteht. Hinsichtlich der Auslösung von Gewittern dürfte es sich um
abgehobene Konvektion handeln. Von den westlichen Mittelgebirgen aus südwärts
kommt sowohl niedertroposphärisch als auch hochreichend verstärkt Scherung ins
Spiel, so dass dort auch organisiertere, mit geringer Wahrscheinlichkeit auch
rotierende Strukturen hochreichender Konvektion vorstellbar sind.
Die anderen Gebiete, d.h. der Norden, Osten und Südosten, bleiben von dieser
Entwicklung noch verschont. Dort ist noch der abziehende Rücken wetterwirksam.
Allerdings zieht auch dort teils mehrschichtige Bewölkung auf, wodurch die
Nebelneigung geringer ist als in der Nacht zuvor.

Sonntag... überquert das Cut-Off-Tief die Benelux-Staaten und erreicht die
Eifel. Die kräftigste Hebung zeichnet sich an dessen Nord- und Ostflanke sowie
über dem Südosten Deutschlands ab, wobei an der Südflanke dieses Tiefs
Kaltluftadvektion überwiegt und die positive Vorticityadvektion daher nicht so
recht wirksam werden kann. In den Westen und Südwesten Deutschlands gelangt dann
im Kernbereich des Höhentiefs eine etwas gemäßigtere Luftmasse, die einen
Flüssigwassergehalt zwischen 20 und 25 mm aufweist. Gewitter können zwar
auftreten, aber Unwetter sind dort im Tagesverlauf eher unwahrscheinlich.
Die feuchteste und labilste Luft (mit einem Gehalt an niederschlagbarem Wasser
bis 35 mm) wird demzufolge nordwärts, d.h. in einen Bereich vom Emsland bis zum
Berliner Raum und in die Lausitz gedrückt sowie ist im Südosten Deutschlands zu
finden. Im Norden kommt im Bodendruckfeld auch eine flache Tiefdruckrinne
zustande, so dass zusätzlich Hebung durch bodennahe Konvergenz generiert wird.
Im Hinblick auf gewittrigen und teils mehrstündigen Starkregen, die
Niederschlagsmengen bis in den Unwetterbereich hinein ergeben kann, ist vor
allem dieser breite Streifen im Auge zu behalten.
Die wärmste Luft hält sich noch im Südosten und im äußersten Süden, was dort
ähnliche Werte an niederschlagbarem Wasser ergibt. Dort ist zudem kräftige
Scherung zu finden, was nach wie vor hohen Organisationsgrad hochreichender
Konvektion verspricht. Dort sind durchaus staffelartige Strukturen vorstellbar,
d.h. Entwicklungen bis in den Unwetterbereich hinein können auch in diesen
Gebieten auftreten. Neben heftigem Starkregen können auch Böen bis Sturmstärke
auftreten.
Verschont von diesen Entwicklungen bleibt der Küstenbereich, das nördliche
Schleswig-Holstein sowie Teile von Vorpommern. Dort macht sich ein Keil
bemerkbar, der, ausgehend von einem Hoch über der Norwegische See, nach
Nordostpolen reicht. Antizyklonales Ausfließen unterbindet dort hochreichende
Konvektion, in Vorpommern sind sogar größere Auflockerungen möglich.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen je nach Einstrahlung 17 bis 23 Grad. Im
äußersten Osten und Südosten sind nochmals bis 25 Grad möglich.

In der Nacht zum Montag verlagert sich das Cut-Off-Tief, das zusehends den
Charakter eines Kaltlufttropfens annimmt, über den zentralen Mittelgebirgsraum
hinweg in Richtung Oberfranken. Die feuchteste Luft (mit einem Gehalt an
niederschlagbarem Wasser bis 35 mm) ist nach wie vor an der Nordflanke dieses
Tiefs zu finden, wo zudem der Hebungsantrieb durch Warmluftadvektion gestützt
wird. Demzufolge konzentriert sich das Niederschlagsgeschehen dann in einem
Bereich vom östlichen NRW über das südliche Niedersachsen bis zur Oder, wobei,
wenngleich mit einer etwas abnehmenden Wahrscheinlichkeit, weiterhin Unwetter
durch teils mehrstündigen und zumindest anfangs noch mit Gewittern durchsetzten
Starkregen vorstellbar sind.
Im Südosten und an den Alpen, wo sich von Westen her eine gemäßigtere Luftmasse
durchsetzt, sollte bis Montagfrüh wie bereits im Westen zuvor Entspannung
einsetzen, so dass dort keine Starkregenfälle bis in den Unwetterbereich hinein
mehr auftreten. Auch der Küstenbereich dürfte von Starkregen und Gewittern nach
wie vor verschont bleiben. Dort macht sich zusehends der Einfluss des von den
Britischen Inseln bis ins Nordmeer reichenden und sich kräftigenden Bodenhochs
bemerkbar.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Selbst hinsichtlich der Positionierung des Cut-Off-Tiefs
in der Nacht zum Montag sin die Modellunterschiede gering und liegen im Bereich
der Prognoseunschärfe.
Im Gegensatz zu den oben getroffenen Aussagen zeigt in der Nacht zum Montag
COSMO-LEPS am Alpenrand und über dem alpennahen Vorland Signale für eine
zumindest 12-stündige Dauerregenlage mit anfänglichem Starkregenanteil mit
12-stdündigen Niederschlagssummen zwischen 40 und 70 mm, wobei die aktuelleren
Modellläufe diese Strukturen ausgeprägter gezeigt hatten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann